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Thomas Schmids Chatnachrichten werden die österreichische Politik und Justiz noch lange beschäftigen.

Foto: Trend Wolfgang Wolak / Verlagsgruppe News / picturedesk.com

Aus der Vielzahl faszinierender Chat-Nachrichten vom Handy des Thomas Schmid ist mir die in der heutigen Überschrift zitierte besonders ans Herz gewachsen. Sie stammt vom ÖVP-Kabinettsmitarbeiter Michael Krammer und ist dessen direkte Antwort auf Schmids Erinnerungsschreiben: "Vergiss nicht, Du hackelst im ÖVP-Kabinett. Du bist die Hure für die Reichen."

Hätte ein politischer Gegner die Dienstleistungskompetenz der Volkspartei mit solchen Worten definiert, wäre die allgemeine Empörung über die darin zum Ausdruck kommende Unterkomplexität zu Recht groß gewesen. Aus dem Mund von Schmid verstrahlt die Aussage jedoch eine entwaffnende Offenheit, von der augenscheinlich auch Krammer überwältigt war.

Schonungslose Bekenntnisbereitschaft

Ja, wir dürfen für diese schonungslose Bekenntnisbereitschaft auch dankbar sein, und es gibt Anzeichen dafür, dass wir ihr derzeit in Österreich immer öfter begegnen. Etwa wenn Bundeskanzler Karl Nehammer gesteht, die ÖVP hätte kein Korruptionsproblem. Das ist zutiefst ehrlich, denn ein Bordell hat auch kein Sexualitätsproblem und mein Hund kein Schweinsohrenproblem.

Oder wenn Madeleine Petrovic aus ihrem Alu-Herz nicht mehr länger eine Mördergrube macht und sich dabei endgültig als Ursula Stenzel der Grünen outet.

Und apropos Kritik der nüchternen Vernunft: Michael Jeannée schreibt in der Krone einen Liebesbrief an Karoline Edtstadler, in dem er intimste Körperlichkeiten entblößt: "Jedes Mal, wenn ich Sie im Fernsehen sehe und höre, rumort es unter meinem Nabel." Das bestätigt die lang gehegte Vermutung, dass sich Jeannée seine Kolumnen aus dem Bauchnabel stierlt.

Neue Offenheit

Die solcherart per Unterleibsrumor Angenabelte hat hingegen noch Probleme mit der neuen Offenheit, wie sie in den Schmid-Chats praktiziert wird. Als ehemaliger Mitarbeiterin von Christian Pilnacek ist Edtstadler schmerzhaft bewusst, dass unter ihrem früheren Chef die von den SMS-Nachrichten ausgelösten Kalamitäten entweder planiert oder im bewährten Eurofighter-Style nach jahrelanger Verschleppung "daschlogen" worden wären. Dieses Wissen lässt sie nun eigenwillige Lösungsvorschläge für die Chat-Probleme ihrer Partei vorbringen. So erklärt sie im Interview mit der Presse, wo für sie das wahre Problem bei Schmids Botschaften liegt: nicht in ihrem Inhalt oder ihrer Löschung durch Schmid, sondern in ihrer Wiederherstellung durch die WKStA. Die sei nämlich nicht legal gewesen, weil bei den wiederhergestellten Nachrichten welche dabei gewesen wären, die für den Strafakt nicht relevant seien.

Mit dieser Logik könnte man auch argumentieren, dass die Kontoöffnung bei einem mutmaßlichen Bankräuber nicht erlaubt sein sollte, weil auf dem Konto ja vielleicht auch nicht aus dem Bankraub stammendes Geld liegen könnte. Und sollte man dort womöglich noch Geld aus einem anderen Raub finden, wäre das ein Zufallsfund, der nicht strafrechtlich verwertbar sein sollte.

Die strafrechtliche Relevanz von Schmids prostitutionalem Selbstverortungs-Reminder wird sich im Zuge der Aufarbeitung der Sigi-Wolf-Steueraffäre weisen. Der Staatsanwaltschaft können wir jetzt schon sagen: Danke, dass wir das so offen besprechen können! (Florian Scheuba, 19.1.2022)