Johannes Strolz, der 29-jährige Sohn von Olympiasieger Hubert Strolz, hat mit dem Sieg in Adelboden alle überrascht.

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Die Tendenz der Leistungen des 30-jährigen Spätstarters Daniel Hemetsberger nach oben.

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Die Schweiz hat Marco Odermatt (24), Frankreich hat Clément Noel (24), Norwegen hat Lucas Braathen (21). Und wen hat Österreich in der Kategorie "jung, dynamisch und erfolgreich" zu bieten? Etwa Marco Schwarz (26). Der Kombinationsweltmeister und Gewinner der Slalomweltcupwertung 2020/21 muss sich nach seiner im November erlittenen Sprunggelenkverletzung allerdings erst wieder an die Spitze herantasten. Für Slalomvizeweltmeister Adrian Pertl (25) ist die Saison nach dem im Dezember in Val d’Isère erlittenen Kreuzbandriss schon wieder vorbei, bevor sie richtig begonnen hat. Und Manuel Feller, der bereits viermal auf dem Podest stand, auf seinen ersten Saisonerfolg aber noch wartet, wird heuer schon 30.

Österreichs Newcomer im Technikbereich sind Fabio Gstrein (24), der Vierter beim Slalom in Wengen war, und, nun ja, Johannes Strolz. Der Sohn von Olympiasieger Hubert Strolz (Kombigold 1988 in Calgary) feierte als 29-Jähriger im Adelboden-Slalom seinen Debüterfolg im Weltcup, nachdem er am Ende der vergangenen Saison wegen bescheidener Resultate aus dem A-Kader des ÖSV geflogen war. Mit dem Erfolg entledigte er sich einer großen Last: "Ich weiß jetzt einfach, dass ich den Sport, den ich so gern habe, weitermachen darf."

Qualität und Realität

Der ÖSV fordert freilich Leistung. "Irgendwann müssen sie es uns zeigen", sagt Männer-Cheftrainer Andreas Puelacher. Strolz habe immer konsequent und gut gearbeitet. "Wir konnten ihm nie etwas vorwerfen, außer dass die Resultate nicht gepasst haben. Wir unterstützten ihn weiter, wussten, dass er die Qualität hat, nur waren wir uns nicht sicher, ob er es im Rennen umsetzen kann. Sein Sieg kam überraschend."

Gstrein wird von Puelacher als sensationeller Skifahrer bezeichnet. In Adelboden führte er zur Halbzeit ex aequo mit Feller, fädelte dann ein. "Das ist schon vielen passiert. Aber in Wengen hat er es bestätigt, ist engagiert und frech Ski gefahren", sagt Puelacher.

In den schnelleren Disziplinen dominieren, abgesehen von Odermatt, durchwegs ältere Semester. Neben dem Schweizer Beat Feuz (34), dem Italiener Dominik Paris (32) oder Norwegens Gesamtweltcupsieger 2019/20, Aleksander Aamodt Kilde (29), etwa auch die zwei Leistungsträger des ÖSV: Vincent Kriechmayr (30) und Matthias Mayer (31). Der Doppelweltmeister aus Oberösterreich gewann zuletzt die klassische Abfahrt am Lauberhorn, stand viermal auf dem Podest. Der zweifache Olympiasieger aus Kärnten hat die Abfahrt in Lake Louise gewonnen, war fünfmal auf dem Stockerl.

Die Entdeckung der Saison aus heimischer Sicht ist in dieser Sparte Daniel Hemetsberger. Vor einem Jahr schaffte er als Zehnter in Kitzbühel sein erstes Topergebnis, in den Abfahrten von Bormio und Wengen I war er jeweils Vierter. Allerdings wird der Oberösterreicher im Mai auch schon 31 Jahre alt. Vier Kreuzbandrisse haben den Mann aus Nussdorf am Attersee immer wieder in seiner Entwicklung gebremst. Sein Debüt im Weltcup gab er 2018 auf der Streif, verletzungsbedingt bestreitet er erst seine zweite Weltcupsaison. "Ich habe gerade ein gutes Selbstbewusstsein, habe das Gefühl, dass ich gut auf den Skiern stehe. Und dann sind auch schwierige Passagen leichter zu fahren", sagt Hemetsberger.

Folgenschwere Rückschläge

Gerade im Speedbereich werden die Läufer oftmals von Verletzungen zurückgeworfen. Warum es jetzt zu laufen beginnt? "Er ist ein guter Skifahrer, seit zwei Jahren verletzungsfrei und hat konstant gut trainiert", sagt Puelacher. Abgesehen von wenigen Ausnahmen könne es nach Verletzungen dauern, "bis sie wieder Vertrauen und vor allem den Mut finden". Im Slalom und Riesenslalom sei es diesbezüglich einfacher. Der Coach betont, dass die meisten Athleten zwischenzeitlich von Verletzungen gestoppt wurden.

Der Weg an die Spitze sei in allen Disziplinen ähnlich herausfordernd. In den Abfahrten zähle die Routine allerdings mehr als im technischen Bereich, sagt Puelacher. "Aus einem Grund, weil im Europacup die Speedbewerbe nicht so anspruchsvoll sind wie im Weltcup. Es gibt weltweit nicht so viele Abfahrtsstrecken, wo die Sicherheit gegeben ist und die Trainingsqualität passt. Daher brauchen die Jungen einfach mehrere Fahrten." Die Routiniers seien daher klar im Vorteil. Im technischen Bereich sind die Europacupstrecken von Hangneigung und Pistenqualität hingegen ähnlich wie im Weltcup.

Die Herausforderung im Spitzensport schlechthin sei, sich gegen die anderen Topathleten durchzusetzen. Puelacher: "Wenn du im Europacup vorne mitfährst, ist es schön, aber irgendwann müssen sie den Sprung in den Weltcup meistern und Resultate liefern. Das ist der letzte Schritt. Aber die Dichte ist mittlerweile in allen Disziplinen ein Wahnsinn." (Thomas Hirner, 20.1.2022)