Die Polizei soll ab Mitte März bei jeder Amtshandlung den Impfstatus von Personen kontrollieren.

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Die Polizei ist die eierlegende Wollmilchsau der Pandemie. Sie kontrolliert die Einhaltung der Lockdowns, auch jenen für Ungeimpfte. Sie prüft gemeinsam mit Gesundheitsbehörden die Befolgung der 2G-Regeln in Betrieben. Und künftig wird sie auch die Impfpflicht kontrollieren.

Nicht zum ersten Mal ächzten rote und blaue Gewerkschafter über die Arbeitsbelastung, die für die Beamtinnen und Beamten hinzukommt. Nun ist es nicht gerade überraschend, dass die oppositionellen Gewerkschaften politische Kritik üben. Klar ist auch, dass die Polizei im Vergleich zu anderen staatlichen Institutionen gut finanziert ist. Zuletzt wurde ihr Budget im November 2020 erhöht.

Gewerkschaften

Dennoch haben die Gewerkschaften einen Punkt: Mittlerweile sind 2G-Kontrollen hinzugekommen. Nun folgt die Impfpflicht, die allgemein einen massiven Personalaufwand erfordern wird. Darüber klagen auch andere Stellen – etwa die Justiz, die gar eine Verdoppelung der Zahl der Richter an Verwaltungsgerichten für notwendig hält.

Die Regierung hat den jetzigen Weg vor allem gewählt, um einen Gesichtsverlust zu verhindern. Ursprünglich wollte sie automatisiert kontrollieren. Bald stellte sich heraus, dass die technische Infrastruktur nicht rechtzeitig fertig wird. Um beim zuvor verkündeten Zeitplan zu bleiben, pocht Türkis-Grün nun auf die Polizei als Notlösung.

Dabei war der ursprüngliche Weg sinnvoller – denn er wäre weitaus weniger konfrontativ. Die Stimmung in der Bevölkerung, die durch die vielen Anlässe für Polizeikontrollen entsteht, ist nicht zu unterschätzen. Die Polizei ist aktuell dazu angehalten, einen Großteil der Corona-Maßnahmen zu vollziehen. Das schafft das Gefühl einer andauernden Überwachung. Die Kontrolle der Impfpflicht kann theoretisch überall und jederzeit erfolgen. Ein gelinder Weg, um Ungeimpfte in der aufgeheizten Stimmung zum Stich zu bewegen, ist das nicht.

Ausweispflicht

Zusätzlich entsteht potenziell eine versteckte Ausweispflicht. Bisher war ein Identitätsnachweis nur erforderlich, wenn Kontrollierte eines bestimmten Delikts beschuldigt werden. Das ändert sich nun, denn das Impfzertifikat ist nur mit Ausweis gültig. Wer keinen mithat, muss in der Öffentlichkeit stets befürchten, zur Identifikation auf die Wache mitgenommen zu werden.

Welche Unsicherheit es schaffen kann, der Polizei so viel öffentlichen Raum zu geben, zeigte sich im ersten Lockdown, der besonders strikt umgesetzt wurde. Wer draußen unterwegs war, musste immer befürchten, angehalten zu werden. Mit der Impfpflicht gibt die Regierung der Polizei einen Grund mehr, so zu agieren.

Ungleichbehandlung

Hinzu kommt eine gewisse Ungleichbehandlung, die bei automatisierten Kontrollen zu vermeiden wäre: Es liegt in der Natur von Stichproben, dass diese willkürlich geschehen. Diejenigen, die viel unterwegs sein müssen, etwa weil sie im Handel tätig sind, werden besonders stark kontrolliert. Jene, die sich im Homeoffice vor den Computer setzen können, werden hingegen vergleichsweise kaum Kontakt zu Beamten haben.

Und jene, die im Netz Verschwörungserzählungen verbreiten, fühlen sich erst recht in ihren Fantasien eines Polizeistaats bestätigt. Zu hoffen bleibt, dass sich diese nicht in noch größeren Corona-Demonstrationen an Wochenenden niederschlagen. (Muzayen Al-Youssef, 20.1.2022)