Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den gesamten Bundesvorstand der deutschen Grünen, darunter auch die Parteichefs Annalena Baerbock und Robert Habeck. Dies hat der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft bestätigt, schrieb der "Spiegel" am Mittwochnachmittag. Ein Grünen-Sprecher bestätigte ebenfalls, dass es Ermittlungen gebe.

Gegenstand der Ermittlungen ist demnach die Bewilligung eines Corona-Bonus im Jahr 2020 durch die Mitglieder des Bundesvorstands an sich selbst. Der Vorstand besteht aus Parteichefin und Außenministerin Baerbock, ihrem Ko-Vorsitzenden, Wirtschaftsminister Habeck, den stellvertretenden Vorsitzenden Ricarda Lang und Jamila Schaefer, dem Bundesgeschäftsführer Michael Kellner und dem Schatzmeister Marc Urbatsch. Die mutmaßlich widerrechtlichen Prämienzahlungen beliefen sich auf jeweils 1.500 Euro.

Regeln der Grünen: Kein Gehalt für Vorstand

Ebendiese Zahlungen wurden im Vorjahr bereits mehrfach von parteiinternen Rechnungsprüfern kritisiert, weil diese nicht von den Parteiregeln gedeckt gewesen seien. Der Hintergrund: 2020 bekamen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Grünen-Bundesgeschäftsstelle einen Corona-Bonus in Höhe von 1.500 Euro pro Person. Er sollte die Belastungen ausgleichen, die durch die Arbeit im Homeoffice und den Umbau des Bundeszentrale entstanden. Der Bonus wurde auch an die sechs Mitglieder des Bundesvorstands gezahlt, obwohl laut Grünen-Regeln Vorsitzende für ihre Tätigkeit nicht vergütet werden dürfen.

Ermittelt wird nun laut Staatsanwaltschaft "wegen des Anfangsverdachts der Untreue" – zum Nachteil der eigenen Partei. Laut "Spiegel" wurde Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) bereits im Dezember über die Aufnahme von Ermittlungen informiert. Am 6. Jänner wurde demnach das strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Grünen: Corona-Boni zurückgezahlt

Der Vorstand sei "aus Sicht aller Beteiligten" zu den entsprechenden Beschlüsse berechtigt gewesen, kommentierte am Mittwoch der Grünen-Sprecher die Ermittlungen. Die Mitglieder hätten die Boni inzwischen zurückgezahlt. "Die betroffenen Vorstandsmitglieder und die Bundesgeschäftsstelle kooperieren vollumfänglich mit der Staatsanwaltschaft, um den Sachverhalt schnell und vollständig aufzuklären".

Beim Grünen-Parteitag Ende kommender Woche wird ein neuer Bundesvorstand gewählt. Baerbock und Habeck treten nicht erneut als Bundesvorsitzende an, nachdem sie als Außenministerin und Wirtschaftsminister in die Bundesregierung gewechselt sind. Die bisherige stellvertretende Vorsitzende Lang und der Außenpolitiker Omid Nouripour bewerben sich um die Nachfolge. (fmo, APA, 19.1.2022)