"Es soll mir nichts Schlimmeres passieren, als dass ich meinen Weg mit dem wichtigsten und erfolgreichsten Sender der Flotte fortsetzen kann": Alexander Hofer über seinen Job.

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Wien – Im Direktorium des ORF sind seit 1. Jänner alle neu auf ihren Plätzen. Im publikumsstärksten TV-Kanal blieb alles an seinem Platz, insbesondere der Chef, Alexander Hofer, nun unbefristet Channel-Manager für ORF 2 und parallel TV-Unterhaltungschefs. Was sein Publikum 2022 noch erwartet, sagt er im STANDARD-Gespräch. Was sein Sender von der ab Februar erhöhten GIS hat, welche neue Show im Herbst kommt und was er eigentlich zur ORF-Streaminplattform beitragen könnte, lieber nicht.

Die Programmpläne

Opernball-Quiz: Im zweiten Jahr ohne Opernball suchte Hofer einen neuen Aufhänger für ein 2021 durchaus bewährtes Erinnerungsprogramm an Highlights aus der Geschichte des Staatsopern-Events. Ergebnis: In einem Quizformat zum Opernball, moderiert von Mirjam Weichselbraun, erspielen drei Teams noch ungenannter "Opernballkenner" Ballkarten für 2023 für das ORF-Publikum. Der Gedanke an Kommentatoren wie Karl Hohenlohe und Christoph Wagner-Trenkwitz liegt nahe.

"Starmania goes Helene Fischer": Der neue ORF-General Roland Weißmann hat schon eine Erweiterung der "Starmania"-Gesangszone um aktuellen Schlager mit "Starmania goes Helene Fischer" angekündigt. "Das aber wird kein Schlagerformat", betont Hofer. Neu besetzt wird die Jury mit einer jungen Frau und einem jungen Mann, noch ungenannt, sowie einer wechselnden "großen österreichischen Musikpersönlichkeit" pro Show. Das Publikum darf diesmal gleich ab dem Start mit abstimmen, die Regeln werden vereinfacht.

Herbstshow und Fußball-WM: Gibt es ein Showevent im Herbst? "Das große Event ab November ist die Fußball-WM in Katar", erinnert Hofer. Freitags auf ORF 1 freilich "wird etwas Neues zu sehen sein, das ist gerade in Arbeit". Woran da gearbeitet wird, will Hofer noch nicht sagen. Ebenso wenig, ob nicht eine Spiel- oder Actionshow im ORF-eigenen Repertoire fehlt.

True Crime im Sommer: Für Sommer 2022 plant Hofer zudem ein True-Crime-Format im Reportagestil, das ungelöste Kriminalfälle, Cold Cases, aufarbeiten soll. Eine Pilotfolge wird im Frühjahr gedreht, "im Sommer wollen wir es einsetzen".

Spielerisches Klima-Magazin: ORF-2-Manager Hofer ist parallel TV-Unterhaltungschef und damit in Sachen Show für beide Kanäle zuständig. Das Channel-Management von ORF 1 hat vorerst die neue Programmdirektorin Stephanie Groiss-Horowitz übernommen. Mit ihr entwickelt Hofer auch das vom ORF-General angekündigte neue "showige" Format für den Mittwoch-Hauptabend in ORF 1 über Klimaschutz, Umwelt und Nachhaltigkeit.

Was kann man sich darunter vorstellen? Hofer: "Das Format wird eine Unterhaltungstangente haben. Man kann das Thema Klima, Umwelt, Nachhaltigkeit so oder so aufbereiten. Hier wollen wir seriöse, gut recherchierte Inhalte spielerischer, unterhaltsam unter die Leute bringen – mit dem gleichen Lern- und Erkenntniswert wie klassische Information. Wir glauben, dass sich dieser nicht ganz leichte Spagat ausgeht. Das Ziel ist eine einfachere Konsumierbarkeit, ein Angebot für eine jüngere Zielgruppe in ORF 1" – dem jünger positionierten Sender in der ORF-Flotte.

Das Format ist gedacht für die Zone ab 21 Uhr am Mittwoch, wann es kommt, hängt von den übrigen "Überlegungen zur Weiterentwicklung von ORF 1" ab, sagt Hofer – und der budgetären Machbarkeit.

Gesundheitsmagazin im Hauptabend: Für den sogenannten zweiten Hauptabend von ORF 2 plant Hofer ein zusätzliches Gesundheitsmagazin neben "Bewusst gesund" am Samstagvorabend. Die – auch pandemiebedingt – hohe Aufmerksamkeit für Gesundheitsthemen spreche dafür, "so etwas auch auf einem prominenteren Sendeplatz" zu versuchen, zusammen mit dem Team des Samstagsmagazins und der ORF-Wissenschaft. Gesundheit hat "eine starke öffentlich-rechtliche Tangente und hohes Publikumsinteresse", sagt der ORF-2-Chef.

STANDARD: Der neue ORF-Generaldirektor hat als großes Ziel für 2022 vorgegeben, mehr jüngere Menschen zu erreichen. Kann sich der Channel-Manager des älter positionierten, gut funktionierenden ORF 2 zurücklehnen und auf ein neues Jahresziel 2023 warten? Wobei – Sie sind ja auch Unterhaltungschef.

Hofer: Zurücklehnen ist in keinem Winkel des Hauses eine gute Idee. Ich habe schon lange keine Phase erlebt, in der ich das konnte. Arrivierte und gut gelernte und verlässliche Formate in ORF 2 erreichen auch ein junges Publikum, auch über die klassischen Infoformate hinaus. Und wir versuchen ja, als Team auf die wichtige und richtige Ansage des ORF-Generaldirektors programmlich zu reagieren. Das hat ja auch mit der Hoffnung auf eine baldige Digitalnovelle zu tun, die unsere Möglichkeiten erweitern soll.

STANDARD: Was kann der ORF-2-Manager zur geplanten Streamingplattform ORF-Player beitragen, was würden Sie gerne beitragen?

Hofer: Es gibt genügend Ideen, wenn man neidvoll auf die öffentlich-rechtlichen Kollegen in Deutschland sieht, die bei weitem mehr Möglichkeiten haben. Sie dürfen online first und online only produzieren, sind also im Heute angekommen, das werden wir hoffentlich auch können. Aus dem weiten Reich der ORF-2-Programme kann man auch so konfektionieren, dass es Player-tauglich ist. Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt – vorerst aber noch gesetzliche.

STANDARD: Um ORF-2-Inhalte neu zu konfektionieren, braucht man aber weder online only noch online first. Gibt's dafür Ideen?

Hofer: Das beginnt mit online only oder online first im fiktionalen Bereich – wenn die budgetäre Ausstattung das ermöglicht. Auch im Unterhaltungsbereich gibt es Ideen mit witzigen Formaten, um etwas auszuprobieren und neue Zielgruppen mit der Marke ORF zu erreichen, die man mit klassischem Fernsehen nicht mehr erreicht, vor allem jüngere. Ebenso gilt das für das Kinderprogramm.

STANDARD: Was wäre denn beispielhaft Ihr Wunschprojekt für den Player?

Hofer: Ich will keine Erwartungen wecken, das ist eine Spur zu früh.

STANDARD: 2022 kommt eine weitere Aufgabe auf Sie zu: Die Redaktionen von TV, Radio, Online ziehen im Juni zusammen in den neuen ORF-Newsroom mit einer Dreier-Chefredaktion. Das – noch nicht fixe – Konzept sieht vor, dass Sie als ORF-2-Chef zusammen mit der Radiodirektorin und dem Onlinechef in einem "Newsroom-Board" zusammen mit dem ORF-General fachliche Grundsatzentscheidungen treffen, quasi als Vorgesetzte der Chefredaktion.

Hofer: Die Überlegung hinter dem Newsroom-Board ist, den Generaldirektor in seiner Funktion als Infodirektor zu beraten. Er hat diese Verbreiterung des grundlegenden Entscheidungsprozesses angeregt – weit jenseits der operativen Arbeit der Redaktion.

STANDARD: Was würde dieses Board mitentscheiden?

Hofer: Grundlegendere Entscheidungen, die alle Infobereiche betreffen. Roland Weißmann legt großen Wert auf Arbeit im Team und Transparenz, und er lebt das auch.

STANDARD: Sie sind als Channel-Manager von ORF 2 ja auch Chef der größten Infomannschaft. Wie schätzen Sie die Stimmung zur Übersiedelung in den gemeinsamen Newsroom ein?

Hofer: Das ist mit Sicherheit einer der größten Veränderungsprozesse, die das Haus in den letzten Jahrzehnten erlebt hat. Das Zusammenziehen der verschiedenen Medien auf einen Standort ist eine Challenge. Wer Jahrzehnte im Funkhaus gearbeitet hat, erlebt das als fundamentale Veränderung. Ich halte den Zugang des Generaldirektors für sehr sinnvoll, die Kolleginnen und Kollegen in den bisherigen Strukturen in diesem Newsroom ankommen zu lassen und dann, Schritt für Schritt, die neue Welt der multimedialen Zusammenarbeit zu entwickeln. Die zwei Ziele sind klar: sinnvolle Synergien zwischen den Medien zu finden; und andererseits den journalistischen Binnenpluralismus zu sichern – er macht uns unverwechselbar und notwendig.

STANDARD: Der ORF bekommt ab Februar ein um acht Prozent höheres Programmentgelt von seinem TV- und Radiopublikum. Wie wird sich das in den Budgets für ORF 2 und ORF-Unterhaltung niederschlagen?

Hofer: Der ORF-Generaldirektor hat schon erwähnt, dass die Einnahmen nicht mit dem 1. Februar maßgeblich steigen. Sein erklärtes Ziel mit den Mehreinnahmen ist: alles fürs Programm. Das bedeutet: sorgsam, aber publikumswirksam mit zusätzlichen Mitteln umzugehen.

STANDARD: 2021 sind die obersten Führungsfunktionen im ORF – etwa die Generaldirektion, aber auch die TV-Programmdirektion – neu besetzt worden. Warum haben Sie sich schließlich für keine davon beworben?

Hofer: Ich bin in diesen Funktionen glücklich und gut ausgelastet, und ich bin nun unbefristet zum Channel-Manager für ORF 2 bestellt und definitiv zum Unterhaltungschef. Ich mache das gerne und, ich glaube, nicht ganz unerfolgreich. Es soll mir nichts Schlimmeres passieren, als dass ich meinen Weg mit dem wichtigsten und erfolgreichsten Sender der Flotte fortsetzen kann.

STANDARD: Kann man bei ORF 2 eigentlich etwas falsch machen? Ein älteres, treueres, fernsehaffineres Publikum, ein großer Schwerpunkt auf – gerade in diesen Jahren stark nachgefragte – Information. Nicht mehr ganz neue, aber erfolgreiche Showformate ...

Hofer: Ich glaube schon, dass man hier etwas nicht erfolgreich genug machen kann. Ich habe etwa "Neun Plätze, neun Schätze" maßgeblich mit den Landesstudios entwickelt. Habe "Guten Morgen Österreich" erfolgreich im Programm positioniert. Und ich habe dieses erfolgreiche ORF 2 behutsam, aber konsequent weiterentwickelt. Ich habe ein Credo: Man muss sein Publikum nicht nur kennen, sondern auch mögen. Das muss ein Programmmacher oder eine Programmmacherin verinnerlichen. Man muss ein Gefühl entwickeln, auch dafür, wo eine erfolgreiche Marke womöglich Gefahr läuft, abzustumpfen und uninteressant zu werden. Dann kann man erfolgreich sein. Meine Aufgabe war, dieses großes Schiff durch diese sehr turbulenten vergangenen Jahre zu führen, gemeinsam mit der starken Information, aber auch mit Unterhaltungsformaten, die die notwendige Ablenkung bieten. Daran arbeite ich wahnsinnig gerne weiter.

STANDARD: Haben Sie auch Fehler gemacht?

Hofer: Sicher.

STANDARD: Gibt es etwas, das Sie heute anders machen würden?

Hofer: Es gibt natürlich Programmvorhaben, deren Realisierung ich leider noch nicht geschafft habe.

STANDARD: Welche?

Hofer: Lassen Sie sich überraschen. Noch sind wir nicht so weit. (Harald Fidler, 21.1.2022)