Patrizia Kummer bei einer Fitnesseinheit in ihrem "Wohnbereich". Die Matte brachte sie selbst mit.

Foto: Patrizia Kummer/Swiss Ski

Die Hanteln und der Ergometer wurden zur Verfügung gestellt.

Foto: Patrizia Kummer/Swiss Ski

Bett an die Wand, Sofa gleich daneben: So hat sich Kummer einen "Wohnbereich" in ihrem Hotelzimmer geschaffen.

Foto: Patrizia Kummer/Swiss Ski

An Nachmittagen steht Koordinationstraining auf dem Programm.

Foto: Patrizia Kummer/Swiss Ski

Warum Patrizia Kummer nicht geimpft ist, will sie für sich behalten. "Es ist mir egal, was andere denken. Es ist mein Körper und meine Entscheidung", sagt sie. Sie müsse nun mit den Konsequenzen leben.

Kummer (34) ist eine erfolgreiche Snowboarderin. Die Schweizerin gewann vor acht Jahren Olympia-Gold im Riesenslalom von Sotschi. In derselben Saison holte sie auch den Riesenslalom-, Slalom- und Gesamtweltcup. Das gelang davor noch keiner anderen Athletin.

Am 8. Februar 2022 will sie in Peking ihre zweite Olympiamedaille einfahren. Dafür nimmt sie einiges in Kauf.China schreibt für alle Teilnehmerinnen der Winterspiele eine doppelte Covid-Impfung vor. Ungeimpften bleibt nur eine Möglichkeit: eine dreiwöchige Hotelquarantäne.

"Die Impfung ist dazu da, Spitäler zu entlasten. Ich bin aber keine Last für Spitäler", sagt Kummer. Sie habe immer eine FFP2-Maske getragen, hielt stets Abstand, verwendete Desinfektionsmittel. "Damit bin ich bis jetzt gut gefahren."

Brett im Kopf

Kummers Entscheidung ist bemerkenswert. Während Konkurrentinnen auf europäischem Schnee trainieren und Rennen bestreiten, ist sie in Isolation. Viele wollen mit ihr sprechen, sie ist bisher die einzige Sportlerin weltweit, die dieses Prozedere auf sich nimmt. Der Schweizer Skiverband hat deshalb eine Pressekonferenz organisiert. Freilich dürfen keine Reporter in Kummers Hotelzimmer, dafür wären die rund 25 Quadratmeter zu klein. Das Treffen läuft über Zoom.

Zuerst stellte sie die Möbel um, sagt Kummer. Das Bett stellte sie an die Wand, ein Sofa direkt daneben. So habe sie sich einen "Wohnbereich" geschaffen. Ob die Raumplaner des Hotels beleidigt sind, verriet Kummer nicht.

Sie steht täglich um 6.30 Uhr auf, eine Stunde später wird ihr ein Frühstück vor die Tür gestellt. Vormittags trainiert sie intensiv, Kummer hat sich ein Ergometer ins Zimmer bringen lassen, auch zwei Kurzhanteln stehen zur Verfügung.

Um 11.30 Uhr klopft es wieder an der Tür, das Mittagessen. Nachmittage verbringt sie mit koordinativen Übungen, einer Springschnur und einem Balancierbrett. Sie macht Meditation und visuelle Übungen. Kummer überrascht, plötzlich sagt sie: "Ich bin auch auf dem Snowboard." Man kann es sehen, weil es direkt hinter dem Schreibtisch an der Wand lehnt. Nachsatz: "Aber nur in meinem Kopf."

Um 17.30 Uhr kommt das Abendessen. Sie werde oft gefragt, was sie essen möchte. Kummer sage dann, sie hätte am liebsten Chinesisch. Sie wurde noch nie enttäuscht. Seit einer Woche ist Kummer jetzt schon in Peking. Bisher wurde ihr nicht fad, sie ist gut beschäftigt. "Ich brauche nicht viel, um glücklich zu sein."

Studium und Arbeit

An ihr 2013 abgeschlossenes Bachelorstudium in Psychologie will Kummer einen Master anhängen. Online-Kurse sind zu absolvieren, sie muss viel lernen. Außerdem besitzt sie ein Café in der Schweiz, die Homepage gestaltete sie um. Und sie besitze auch ein altes Haus, das sie gerne renovieren würde. Das gehört organisiert.

Erst seit Beginn der Woche ist Kummer offiziell im Olympia-Aufgebot von Swiss Ski. Der Verband bezahlt deshalb den Flug und die Unterkunft in der Wettkampfwoche, die Quarantäne muss sie selbst finanzieren.

Als sie DER STANDARD fragt, ob sie sich denn nicht vor einem mentalen Rückschlag fürchte, sagt Kummer: "Ich bin ein äußerst positiver Mensch." Da sie an eine selbsterfüllende Prophezeiung glaubt, schiebt sie negative Gedanken beiseite.

Aus dem ÖSV-Team wird Claudia Riegler nicht nach Peking reisen, weil sie ungeimpft ist. Das ÖOC will nur geimpfte Sportler mitnehmen. (Lukas Zahrer, 21.1.2022)