Die Kohlmeise ist bei der Zählung 2022 besonders häufig vorgekommen.
Foto: Mike Lane (rspb-images.com)

Mehr Interessierte als je zuvor haben Anfang Jänner an der "Stunde der Wintervögel 2022" teilgenommen und eine Stunde lang die Maximalzahl der im Garten oder Park beobachteten Vögel dokumentiert. Mit knapp 23.500 Einreichungen erreichte das Citizen-Science-Projekt der Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von fast sieben Prozent. Die Zahl der Vögel hingegen stagniert auf niedrigem Niveau.

Unabhängig von der Vogelart lag der Durchschnittswert "Vögel pro Garten" (oder anderer Beobachtungsraum) heuer bei rund 31 und damit unter dem langjährigen Durchschnitt von 38 Vögeln pro Garten, aber etwa auf ähnlichem Niveau wie in den beiden Vorjahren. Am häufigsten wurde die Kohlmeise gesichtet, die an 87 Prozent der Beobachtungsorte vorkam. Danach folgen Haussperling (oder Spatz) und Feldsperling, Amsel und Blaumeise. Die Top-drei-Vögel machten wie jedes Jahr mehr als ein Drittel aller Vögel bei der Winterzählung aus.

Klimafaktoren und Versiegelung

Ihr Auftreten beeinflusst daher den Gesamttrend zum Auftreten der gefiederten Futterhausbesucher. In den vergangenen Jahren wurde im winterlichen Siedlungsraum von den "großen Drei" ein Individuum pro Garten (minus 20,78 Prozent) weniger gezählt. Die Gründe für diesen Rückgang können wie für alle Arten klimatische Faktoren bis hin zu zunehmender Bodenversiegelung sein.

Insgesamt wurden bei der Aktion 580.885 Vögel gezählt, genaue und nach Bundesländern aufgeschlüsselte Daten sind auf der Website abrufbar. Wie in den meisten Jahren gab es ein deutliches Nord-Süd-Gefälle zu beobachten. In der Steiermark (36,9 Vögel pro Garten) und in Kärnten (35,2) waren landesweit die meisten Vögel pro Garten anzutreffen. Unter anderem dürften die Überwinterungsbedingungen für Vögel südlich des Alpenhauptkammes generell besser und attraktiver sein. Auch der Zuzug von Erlenzeisigen und Bergfinken lässt die höhere Vogelanzahl im südlichen Österreich erklären.

Kleinere Schwärme

Der Anpassungskünstler Kohlmeise war heuer aber wieder in neun von zehn Gärten anzutreffen. In den vergangenen zwölf Jahren reduzierte sich die registrierte Schwarmgröße. Auch ihr durchschnittlicher Winterbestand im Siedlungsraum war über die vergangenen zehn Jahre, bei stärkeren Schwankungen, tendenziell fallend.

Der Grünfink befindet sich auf dem absteigenden Ast: Aufgrund einer Parasitenerkrankung kommt er immer seltener vor.
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Der winterliche Siedlungsbestand des Grünlings (oder Grünfinks) erreichte den niedrigsten Wert seit Beginn der Zählungen. War er vor zehn Jahren noch in der Hälfte aller Gärten vertreten, wurde er diesmal nur noch in einem Viertel gesehen – er ist somit aus jedem zweiten Garten verschwunden. Hauptursache ist das sogenannte Grünlingssterben, eine Erkrankung, die durch Trichomonaden (einzellige Parasiten) hervorgerufen wird und seit dem Jahr 2012 vor allem in den Sommermonaten auftritt.

Im Vergleich zur Zählung 2021 ist der Durchschnittswert der Vögel pro Garten von 29,32 auf 30,77 gestiegen. Das hängt vor allem damit zusammen, dass im vergangenen Jahr viele samenfressende Vögel dem Siedlungsraum ferngeblieben sind. Der Grund dafür war das Mastjahr, in dem Bäume mit energiereichen Samen besonders viel in die Samenbildung investieren. Betroffen hat dies Buchen, Tannen, Eichen und Fichten. Das dürfte unter anderem den Anstieg der gezählten Vögel in Wien (etwa 18 Vögel pro Garten oder Parkbereich, ein Sechstel mehr als 2021) erklären. Hier liegt auf Platz drei der häufigsten Vögel übrigens die Saatkrähe. (red, APA, 24.1.2022)