Henry Hübchen und Corinna Kirchhoff in "Ein Leben lang".

Foto: WDR/Flare Film/Oliver Feist

Berlin – Sie kommen heim, in ein verlassenes Haus am See ganz in der Nähe von Berlin: Einst haben sie es restauriert, hier haben der nun 75-jährige Ex-Schlagerstar Arthur Weyer (Henry Hübchen) und seine zehn Jahre jüngere Noch-Ehefrau Elsa (Corinna Kirchhoff) viele glückliche Stunden verbracht. Arthur ist an Demenz erkrankt, schläft den ganzen Tag und macht nachts merkwürdige Dinge.

Um seinen Platz im Pflegeheim zu finanzieren, müssen sie ihr idyllisches Haus gegen seinen Willen verkaufen. Was passiert mit einer Ehe nach so vielen Jahren? Darum dreht sich das Drama "Ein Leben lang" an diesem Mittwoch um 20.15 Uhr im ARD und bis 26.4. in der ARD-Mediathek.

Für die Entrümplung engagieren die Eheleute den Mittvierziger Sorin Ludinas (Eugen Knecht), der allein auf einem Hausboot lebt und sich als DJ und mit Gelegenheitsjobs durchschlägt. Kurz zuvor hat er noch viele Äpfel und Quitten aus ihrem Garten gestohlen, er erweist sich zunehmend aber als Glücksfall. Mit Arthur versteht Sorin sich auf Anhieb erstaunlich gut, streitet sich aber zunächst heftig mit Elsa.

Verdrängte Erinnerungen und Konflikte

Auf einmal werden nämlich Dinge erörtert, die bisher verdrängt wurden. Dazu gehören neben schönen Erinnerungen auch Verletzungen und Konflikte. Allmählich wird deutlich, weshalb die seltsam distanziert wirkende Elsa sich noch um ihren Mann kümmert, der sie einst für eine andere verließ, und warum Sorin allein lebt und trinkt.

Die unverhoffte und verwirrende Begegnung der drei Menschen verändert vieles, führt gar zu schwerwiegenden Entscheidungen – aber tatsächlich verbindet die drei nicht nur die Liebe zur Musik, sondern auch die Last von mühsam verdrängten Ereignissen und das Ringen um ein selbstbestimmtes Leben – bis zum Schluss.

Regisseur Till Endemann (45, "Das Versprechen") und Autor Paul Salisbury (42, "Atlas") haben ihr kammerspielartiges Drama mit ruhiger Hand, ganz viel feinem Gespür für die leiseren Töne und wunderschönen Bildern (Kamera: Philipp Sichler) in melancholischer Herbststimmung inszeniert. Die lebensklugen und herzenswarmen Dialoge werden von den drei Hauptdarstellern mit viel Feingefühl verkörpert; Eugen Knecht (34, "Sturm der Liebe") ist ein ebenbürtiger Partner für seine beiden bekannteren Kollegen.

Sparsame Mimik

Henry Hübchen (74, "Wir bleiben Freunde") und Corinna Kirchhoff (63, "Die Eifelpraxis") spielen das bodenständige und vertraute, jetzt getrennt lebende Ehepaar mit sparsamer, aber eindrucksvoller Gestik und Mimik einfach großartig. Er als Mann und ehemaligem "König der Hitparaden", dem damals die Herzen der Fans und insbesondere die der Frauen nur so zuflogen, und dem allmählich sein Leben entgleitet. Sie als stets verständnisvolle Gattin, die immer für ihn da gewesen ist und alles für ihn gemacht hat. Das tut sie auch jetzt noch, und nicht nur deshalb, weil sie noch nicht von ihm geschieden ist. Vielmehr kann sie einfach gar nicht anders – weil sie ihn noch immer liebt. (APA, dpa, 24.1.2022)