Der 27-Jährige kommt aus Portugal.

Foto: Christian Fischer

Der STANDARD feiert seine zehntausendste Ausgabe. Aus diesem Anlass beschäftigen wir uns mit der Zahl Zehntausend.

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Ich bin die siebente Generation einer Zirkusfamilie. Mein Papa und Großvater waren Clowns, aber das war nichts für mich. Mich haben immer die Jongleure fasziniert. Deshalb habe ich als Kind mit Keulen und Ringen trainiert. Als ich 15 war, hat mein Opa vorgeschlagen, dass ich mit Bumerangs jongliere.

Also habe ich das probiert – und mich gelangweilt. Denn der Bumerang kehrte nicht in meine Hand zurück. Er landete auf dem Boden. Ich musste hingehen, ihn aufheben, zurück zu meiner Ausgangsposition und es dann erneut versuchen. Nach fünf Minuten war ich müde und habe aufgehört. So ging das zwei Jahre lang. Erst als ich besser wurde, hat es begonnen, Spaß zu machen. Dann trat ich auch erstmals im Zirkus damit auf. Egal ob vor 500 oder 15.000 Zusehern: Wenn ich in der Manege stehe, stelle ich mir für fünf Sekunden vor, allein zu sein. Das brauche ich für die Konzentration.

Weltrekord-Halter

Ich liebe es, wenn das Publikum etwas sieht, was es noch nie zuvor gesehen hat. Seit 2013 halte ich einen Weltrekord. Ich werfe fünf Bumerangs hintereinander weg und fange sie dann der Reihe nach wieder. So beende ich meine Nummer im Circus Louis Knie. Von außen merkt man kaum einen Unterschied, aber ich werfe die Bumerangs in unterschiedlichen Winkeln weg. Geht bei einem etwas schief, fliegen sie zu weit auseinander, und das Kunststück funktioniert nicht, weil ich keine Zeit habe, um weite Wege zurückzulegen. Bei einem perfekten Wurf muss ich meine Position fürs Fangen nicht ändern. Es ist aber aufregender, wenn ich dafür springen oder mich hinschmeißen muss. Sobald ich einen Bumerang werfe, kann ich nur beten, dass er zurückkommt. Der Wind kann die Flugbahn beeinflussen oder der Scheinwerfer mich blenden. Fehler können passieren. Wir sind eine Liveshow. Dann probiere ich es eben noch einmal. Man muss respektvoll an die Aufgabe herangehen. Sobald du glaubst, du bist der Beste, wirst du scheitern.

Die Bumerangs sind wie meine Kinder: ich kenne sie mittlerweile sehr gut. Ich trainiere immer so lange, bis ich müde bin, aber mindestens zwei Stunden. So behalte ich meine Geschicklichkeit. Mittlerweile kann ich auch mit sechs Bumerangs jonglieren. Dafür trainierte ich drei Monate täglich mit meinem Opa. Dieser Weltrekord muss aber erst noch bestätigt werden. Vielleicht schaffe ich auch sieben, aber mehr ist nicht realistisch. Dafür bin ich nicht schnell genug.

Wenn man eine Tätigkeit oft wiederholen muss, ist der Anfang immer am schwersten. Aber du musst an dich glauben. Klappt etwas im Training nicht, hilft es mir, zehn Minuten zu pausieren und durchzuatmen. Wichtig ist, immer zurückzukommen. Man darf niemals aufgeben. Wenn du etwas gern machst, wirst du es auch schaffen. (Andreas Gstaltmeyr, 25.1.2022)