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Krafttraining kann man auch mit Maske machen, urteilt der Experte.

Foto: Getty Images/Pekic

Gerade noch wurden sportliche Neujahrsvorsätze gefasst. Nun macht ihnen die Omikron-Welle einen Strich durch die Rechnung. Angesichts hoher Infektionszahlen entscheiden sich derzeit manche, dem Fitnessstudio fernzubleiben, wie ein STANDARD-Rundruf bei Fitnessanbietern ergibt. Bei John Harris berichtet man beispielsweise von "fünf bis zehn Prozent weniger Check-ins", vor allem untertags. "Die Älteren sind vorsichtiger", sagt Sprecher Christian Zöbl. Ist die Sorge berechtigt?

Die Virologin Dorothee von Laer von der Med-Uni Innsbruck und der Molekularbiologe Ulrich Elling von der Akademie der Wissenschaften waren sich diesbezüglich vor kurzem einig: Sie raten beide von einem Besuch im Fitnessstudio ab.

Hohe Viruslast beim Sport

"Das Risiko, sich anzustecken, ist in der Regel im Fitnessstudio höher als etwa im Kaffeehaus", analysiert der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der Med-Uni Wien. Denn bei körperlicher Anstrengung steigt der Atemvolumenstrom um ein Vielfaches an – und damit unter Umständen auch die Viruslast in der Luft. "An Geräten, wo es zur Sache geht und sehr anstrengend wird, hätte ich kein gutes Gefühl derzeit", sagt Hutter und meint Cardio-Equipment wie Fahrrad-Ergometer.

Allerdings betont er, dass die Fitnessstudios auch sehr unterschiedlich aufgestellt sind, was die Umsetzung von Präventionskonzepten und speziell die Lüftung der Räume angeht. Wer sich für den Besuch im Fitnessstudio entscheidet, sollte laut Hutter wenigstens nicht zu den Stoßzeiten gehen – und die Zeit, die man dort verbringt, gegebenenfalls verkürzen.

Krafttraining mit Maske

Der Sportmediziner Jürgen Scharhag vom Österreichischen Institut für Sportmedizin an der Universität Wien sieht das ähnlich. "Ich wäre derzeit eher zurückhaltend", sagt er über den Besuch im Fitnessstudio. Wer dennoch trainieren will, dem rät Scharhag dazu, Duschen und Garderoben zu meiden, weil hierbei keine Masken getragen werden, diese Räume meist klein sind und man sich somit leichter anstecken kann. Noch ein Tipp: Krafttraining lasse sich im Gegensatz zum Ausdauertraining auch mit FFP2-Maske durchführen.

Ohne FFP2-Maske würde auch der Sportmediziner Robert Fritz von der Sportordination Wien derzeit nicht ins Fitnessstudio gehen: "Mit Maske würde ich aber keine Angst haben." Fritz empfiehlt Sport-FFP2-Masken, die aus einem angenehmeren Material bestehen und beim Krafttraining, für das viele ja ins Fitnessstudio gehen, nicht stören.

Das Ausdauertraining wiederum ist mit Maske zwar nicht gefährlich, aber mühsam. Daher empfiehlt Fritz, das Ausdauertraining derzeit lieber im Freien zu machen – oder im Wohnzimmer: "Wer daheim ein freies Eck hat und sich einen Ergometer anschaffen kann, hat lange etwas davon."

2G plus im Fitnessstudio

Manche Fitnessstudios haben angesichts von Omikron bereits freiwillig auf 2G plus umgesattelt. Hier muss neben dem Genesungs- bzw. Impfnachweis auch ein gültiger Test hergezeigt werden. "Das ist schon noch eine weitere Sicherheitsstufe", stellt Hutter klar. Noch dazu sei es für einen selbst auch gut zu wissen, ob man infiziert ist, bevor man sich körperlich fordert.

Beim australischen Fitnessfranchise F45 bei Wien-Mitte gibt es seit kurzem eine 2G-plus-Klasse pro Tag. Diese fänden die einen gut, die anderen seien vom zusätzlichen Aufwand genervt, sagt Geschäftsführer Ehsan Seyfouri Tabrizi. Ansonsten bemerkt er derzeit vor allem ein Zögern von neuen Kundinnen und Kunden, sich auf eine langfristige Mitgliedschaft einzulassen: "Auch weil sich viele mit Mitgliedschaften in anderen Studios die Finger verbrannt haben."

Im Functional-Fitness-Studio Five in Wien-Währing bemerkt man derzeit vor allem weniger Beteiligung an Kampfsportkursen. Diese Kurse werden vom in Wien geltenden Kontaktsportverbot getroffen, sie mussten entsprechend adaptiert werden. "Ob der Rückgang daran liegt, dass die Leute sich unsicher fühlen oder dass sie so nicht trainieren wollen, weiß ich nicht", sagt Geschäftsführer Hannes Woschner.

Es ist Abwägungssache

Letztendlich, sagt Umweltmediziner Hutter, sei der Besuch im Fitnessstudio eine Abwägungssache – wie so vieles in Zeiten der Pandemie. In die Überlegungen sollte auch einfließen, was eine Infektion und eine damit einhergehende Quarantäne für Arbeit und Familie bedeuten würden.

Unbestritten ist jedenfalls: Bewegung ist wichtig, auch für die psychische Gesundheit. Die Alternative zum Fitnessstudio sollte daher nicht sein, zu Hause zu bleiben und gar nichts zu tun. Wer aktuell nicht ins Fitnessstudio gehen will, kann also wie in den Lockdowns auf Online-Workouts zurückgreifen oder sich nicht vom Wetter abschrecken lassen und draußen sporteln.

"Es geht nur um ein paar Wochen", sagt Hutter. "Jetzt muss man die Nerven noch behalten." Denn mit dem Abklingen der Omikron-Welle werde sich die Situation entspannen – und auch in den Fitnessstudios wieder Normalität einkehren. (Franziska Zoidl, 26.1.2022)