500 österreichische Bauern beliefern Schirnhofer mit Almochsenfleisch.

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Wien – In der Fleischbranche eskaliert ein Streit zwischen Lebensmittelhandel und Produzenten. Ausgetragen wird er zwischen Karl Schirnhofer und der Rewe, zwischen ihren Fronten stehen 500 Landwirte.

Schirnhofer zählte einst zu Österreichs größten Fleischverarbeitern. Gut 240 Filialen und Feinkosttheken versorgte der steirische Fleischer in Spitzenzeiten. Seine 1.500 Mitarbeiter setzten 190 Millionen Euro um.

Die Insolvenz der Supermarktkette Zielpunkt, auf die er vertraut hatte, riss sein Unternehmen 2015 mit in die Pleite. Unter dem Druck zu rascher Expansion hatte er schon zuvor die Balance verloren. Schirnhofer wagte den Neustart und fasste im Direktvertrieb und Einzelhandel wieder Fuß. Nun knirscht es in der Zusammenarbeit mit den Platzhirschen des Markts erneut.

Brief an Lieferanten

Schirnhofer wirft Billa und Billa Plus in einem Brief an Lieferanten, der dem STANDARD vorliegt, "erpresserische Methoden" vor. Rewe setze ihn bei Fleischpreisen unter Druck und versuche, ihm einen Teil seines Ochsengeschäfts wegzunehmen, schreibt der Unternehmer.

Schirnhofer hat die Rechte über den Vertrieb der Marke Almo inne, die sich dem Almochsenfleisch von 500 Bauern verschrieben hat. Vermarktet wird es in der Gastronomie wie im Einzelhandel, in Österreich, aber auch in Deutschland. Ein Fünftel der Menge war seinen Angaben zufolge bisher für Rewe reserviert. Per Ende März will Schirnhofer die Lieferungen an den Konzern jedoch nach Konflikten mit dem Einkaufsmanagement einstellen.

"Rote Linie überschritten"

Rewe schießt ihrerseits aus vollen Kanonen zurück. "Wir weisen Vorwürfe der Erpressung aufs Schärfste zurück", sagt ein Konzernsprecher und kündigt rechtliche Schritte gegen Schirnhofer an: Der Unternehmer diffamiere Mitarbeiter persönlich und habe damit eine rote Linie überschritten.

Worum geht es im Detail? Rewe habe die Preise Anfang Jänner für das Ochsenfleisch erhöht, wolle dieses künftig aber in ihrer eigenen Fabrik zerlegen, sagt Johann Pessl, Obmann der Almo-Landwirte, auf Anfrage. Verhandlungen darüber seien infolge "unüberwindbarer Differenzen" gescheitert. Rewe habe bei seinem Verein nun um eine direkte Belieferung angefragt. Dieser müsse Schirnhofer allerdings zustimmen.

"Keine Zahlungsprobleme"

"Es gibt derzeit Gespräche in alle Richtungen", sagt Pessl. Man wolle keinen Abnehmer verlieren und den Absatz in Österreich jedenfalls sichern. Es gelte, Ruhe zu bewahren.

Dass Pessl Schirnhofers Liquidität anzweifelt, wie der Fleischer in seinem Brief an die Bauern anklingen lässt, sei falsch. "Es gibt und gab nie Zahlungsprobleme." Man habe aufgrund längerer Zahlungsziele lediglich Bankgarantien eingefordert. Schirnhofers Zusage, die Zahlungsfrist für Ochsen zu verkürzen, sei ein Schritt in die gewünschte Richtung. Schirnhofer selbst war für eine Stellungnahme vorerst nicht erreichbar. Rewe beziffert den Anteil des Rindfleischs aus seiner Hand mit weniger als zehn Prozent und nennt diesen "kompensierbar".

Die Handelskette nahm 2019 einen eigenen Zerlegebetrieb in Oberösterreich in Betrieb und folgt damit dem Beispiel ihres Rivalen Spar, der Lebensmittel im großen Stil selbst produziert. Zahlreiche Lieferanten haben dadurch das Nachsehen. (Verena Kainrath, 25.1.2022)