Auch kommenden Herbst wird es Infektionswellen geben – aber bis dahin wird die Situation besser kontrollierbar sein.

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Vorsichtiger Optimismus macht sich breit. Nach Omikron könnte ein Übergang in eine endemische Phase möglich sein, so die große Hoffnung. Vor allem auf privater Ebene tendieren viele dazu, die Pandemie für sich selbst für beendet zu erklären, wenn man eine Omikron-Infektion überstanden hat. Doch ist das wirklich angebracht?

Frage: Ist die Pandemie nach Omikron vorbei?

Antwort: Das ist noch unklar, wie Infektiologe und Gecko-Mitglied Herwig Kollaritsch warnt: "Wir wissen nicht, was die Natur noch in petto hat, wie aktuell die Untervariante von Omikron, BA2." Das Frühjahr werde aber ruhiger, die Grundimmunisierung steigt: "Geimpfte, die sich mit Omikron infiziert haben, sind sehr gut geschützt", sagt Dorothee von Laer, Virologin an der Med-Uni Innsbruck. Bei jenen, die weder geimpft noch genesen sind und sich mit Omikron infizieren, sei es unklar: "Bisherige Daten deuten aber darauf hin, dass sie nicht so gut vor anderen Varianten wie etwa Delta geschützt sind."

Frage: Kann man als geboosterte Person nach einer Durchbruchsinfektion mit Omikron wieder so leben wie 2019?

Antwort: Nicht die Pandemie, aber zumindest diese Welle ist laut van Laer dann für einen persönlich erst einmal vorbei: "Geimpfte Omikron-Genesene sind gegen Omikron und Delta sehr gut geschützt, und zwar nicht nur gegen schwere Verläufe, sondern auch gegen die Infektion. Sie verbreiten daher das Virus praktisch nicht." Das stimmt zuversichtlich, trotzdem sollte die Durchseuchung eingebremst werden, um die kritische Infrastruktur zu schützen. Studien zeigen zwar, dass die Krankenhausaufenthalte mit Omikron kürzer dauern als bei Delta, aber "durch hohe Infektionszahlen wird dieser Vorteil wieder aufgefressen", gibt die Virologin zu bedenken. Auch Infektiologe Kollaritsch rät dringend davon ab, sich in der Hoffnung auf ein baldiges Ende der Pandemie nicht mehr bestmöglich vor Ansteckung zu schützen: "Sich jetzt vorsätzlich zu infizieren ist russisches Roulette, aber mit mehreren Kugeln in der Kammer."

Frage: Was bedeutet die BA2-Subvariante für das Infektionsgeschehen in Österreich?

Antwort: "BA2 wird sich wie in anderen Ländern wahrscheinlich auch bei uns durchsetzen", analysiert von Laer. Ob die Immunität gegen die Omikron-Variante BA1 auch vor BA2 schützt, wisse man aber noch nicht.

Frage: Welchen G-Status hat man nach einer Durchbruchsinfektion?

Antwort: Bei doppelt Geimpften gilt eine Infektion als Booster. Mit Omikron werden sich allerdings auch immer mehr Geboosterte infizieren. Am G-Status von dreifach Geimpften ändert das vorläufig nichts: "Der zusätzliche Genesenen-Status wird zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht relevant, das ist momentan aber noch nicht definiert", so eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums.

Frage: Wird die vierte Impfung kommen?

Antwort: "Irgendwann, aber nicht jetzt", stellt der Infektiologe Kollaritsch klar. Eine Viertimpfung sei aktuell kontraproduktiv: "Jetzt in kürzesten Abständen zu impfen ist immunologisch nicht nur sinnlos, sondern womöglich schädlich." Das Immunsystem brauche Zeit. Eine erste Studie unterstreicht das zumindest teilweise. In Israel haben bereits mehr als 500.000 Menschen den vierten Stich erhalten, die Daten sind ernüchternd. Es kann nur eine sehr kurzfristige Reduzierung von Infektionen nachgewiesen werden, Zahlen zu Krankenhausaufenthalten und Todesfällen fehlen noch. Die vierte Impfung zeige zwar einen Anstieg der Antikörper, schütze aber nicht ausreichend vor Omikron. Man müsse differenzieren, so Kollaritsch: "Für manche Personen, etwa Immunsupprimierte, kann die vierte Impfung was bringen. Für die breite Bevölkerung bringt sie im Moment aber keinen nennenswerten Vorteil."

Frage: Wie stehen die Chancen auf ein Ende der Pandemie im Laufe dieses Jahres?

Antwort: Nach Omikron wird eine ruhigere Phase kommen, darüber sind sich Expertinnen und Experten weitestgehend einig. "Das liegt einerseits am Durchlaufen von Omikron und andererseits am Rückgang der Infektionen durch die wärmere Jahreszeit", sagt Kollaritsch. Was wir allerdings noch nicht wissen: wie lange die Immunität nach Omikron anhält. "Wir werden im Herbst wieder Wellen bekommen", stellt der Infektiologe klar. Bis dahin sei die Situation aber hoffentlich viel besser kontrollierbar. Auch Virologin von Laer zeigt sich optimistisch: "Wenn keine neuen Varianten kommen, stehen die Chancen auf eine endemische Phase noch dieses Jahr gut."

Frage: Kann eine Endemie wieder zur Pandemie werden?

Antwort: Ja, wenn eine neue Variante auftritt, gegen die weder Impfung noch Genesung ausreichend schützen. Dieses Risiko ist aber laut Kollaritsch gut einzudämmen. Je niedriger die Zahl der Infektionen ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Variante bildet. Zudem wird sich bis Herbstbeginn in der Forschung noch einiges tun: "Wir werden neue therapeutische Optionen und Variantenimpfstoffe bekommen. Mit anderen Worten: Wir rüsten auf." (Magdalena Pötsch, 25.1.2022)