Eric "Slowhand" Clapton bei einem Auftritt 2019 in der Wiener Stadthalle.

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Mit Songs wie "Tears in Heaven", "Crossroads" und "Wonderful Tonight" hat sich Eric Clapton über Jahrzehnte zur Gitarrenlegende hochgearbeitet. Doch in jüngerer Vergangenheit begann sein Ruf als Sängerikone zu bröckeln. Denn statt mit musikalischen Schöpfungen auf sich aufmerksam zu machen, waren es verschwörerische Statements, mit denen der Brite Schlagzeilen machte.

Anlassfall ist nun, einmal mehr, die Corona-Pandemie. Clapton wurde nach eigenen Angaben zweimal geimpft und war beide Male nach der Verabreichung des Astra-Zeneca-Vakzins von sehr unangenehmen Nebenwirkungen betroffen. "Meine Hände und Füße waren entweder wie eingefroren, taub oder brannten – und praktisch nutzlos für zwei Wochen", schrieb er in einem Brief an seinen Gitarristenkollegen Robert Monotti, der diesen mit seinem Einverständnis auf Telegram öffentlich machte. "Ich hatte Angst, nie wieder spielen zu können."

"Ich konnte es überall erkennen"

Seitdem, so hielt Clapton fest, traue er den Aussagen zur hohen Sicherheit der Impfstoffe nicht. Bereits zuvor hatte er gemeinsam mit Van Morrison den Anti-Lockdown-Song "Stand and Deliver" aufgenommen, wofür er viel negatives Echo hatte einstecken müssen. Seine Kritiker, so Claptons Annahme, seien aber womöglich unschuldig an ihrer Haltung und an ihrer Unwissenheit über die Impfungen. Grund dafür sei eine Massenhypnose, womit Clapton eine neue Verschwörungserzählung weiterverbreitet, die in "Querdenker"-Kreisen gerade Fahrt aufnimmt.

Und diese lautet so: Medien, aber insbesondere Youtube würden mit gezielten unterbewussten Botschaften arbeiten, um die Meinung der Menschen zu manipulieren. "Ich habe begonnen, danach Ausschau zu halten, und ich konnte es überall erkennen. Und dann erinnerte ich mich daran, kleine Dinge auf Youtube gesehen zu haben, die wie unterbewusste Werbung sind", so Clapton. "Das geht schon eine lange Zeit so – diese Sache mit 'Du wirst nichts besitzen und glücklich dabei sein'."

Diese neuen Aussagen stammen aus einem Interview mit Real Music Observer. Dabei handelt es sich – ausgerechnet – um einen Youtube-Kanal, was den Musiker aber offenbar nicht gestört hatte. Clapton stützt sich auf Aussagen des belgischen Psychologen Mattias Desmet (Universität Gent), der seine Annahme von der Massenhypnose bzw. Massenpsychose schon länger postuliert.

Keine anerkannte Theorie

Größere Bekanntheit erlangte diese aber offenbar erst, nachdem sie von dem ehemaligen Impfforscher Robert Malone, nunmehr die Galionsfigur der amerikanischen Anti-Impf-Bewegung, Ende 2021 in einem Podcast mit Joe Rogan aufgebracht wurde. Malone, der in derselben Sendung auch die Corona-Regeln der US-Regierung mit Nazi-Deutschland verglich, stellte Desmets Hypothese als Ergebnis jahrelanger Forschung dar.

Tatsächlich fehlt aber der Nachweis für das "Mass Formation Hypnose"-Phänomen (oft auch "Mass Formation Psychosis" genannt), das von Desmet behauptet wird. In der biomedizinischen Metadatenbank Pubmed ist, so schreibt Guitar.com, keine einzige peer-reviewte Studie darüber zu finden. Gegenüber Reuters sieht Steven Reicher, ein auf Massenpsychologie spezialisierter Professor an der University of St. Andrews, die Annahmen "mehr als Metapher denn als Wissenschaft" und "mehr als Ideologie denn als Tatsache".

Jenen, die trotz der gegebenen Evidenz die Wirksamkeit von Impfungen abstreiten oder gar Sars-CoV-2 für eine Erfindung halten, kommen Desmets Aussagen dennoch gelegen. Denn sie bieten eine einfache Möglichkeit, Argumenten nicht sachlich begegnen zu müssen und sie stattdessen samt und sonders als Folge einer Massenhypnose abtun zu können. (gpi, 25.1.2022)