Es sollte nicht mehr allzu lange dauern, und diese Pandemie könnte sich in den nächsten Monaten ausschleichen. So prognostizieren es zumindest die Optimisten in der akademischen Virologieszene. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hält ein Ende der Corona-Pandemie in Europa nach der Omikron-Welle für durchaus möglich. Wir könnten uns, sagt WHO-Europachef Hans Kluge, auf eine Endphase der Pandemie zubewegen.

Voraussetzung ist natürlich, dass nicht neue Varianten alles wieder auf den Kopf stellen und die Impfquote wie auch die Qualität der Selbstverantwortung in der Gesellschaft angehoben werden.

Ein Ende der Corona-Pandemie in Europa wäre nach der Omikron-Welle möglich.
Foto: imago images/Michael Gstettenbau

Es dürfte also demnächst der Zeitpunkt kommen, an dem die Virologen und Mathematiker, die Statistiker und Modellierer wieder einen Schritt zurücktreten können. Wenn sich das virologische Geschehen beruhigt, wird es ums Aufarbeiten der Pandemiefolgen gehen. Und da wird es andere Expertisen brauchen, um die immensen Nachwirkungen und Kollateralschäden dieser Pandemie zu managen.

Es wird alle Bereiche und Ebenen der Gesellschaft betreffen: von den individuell psychischen bis zu den Fragen des sozialen Zusammenhalts und des gesamtstaatlich-ökonomischen Komplexes.

Es wird die Frage zu beantworten sein, wer die horrenden Kosten der Pandemie tragen wird, wie diese in der Gesellschaft gerecht aufgeteilt werden. Wie werden Österreichs Wirtschaft und Arbeitnehmer langfristig mit den neuen Arbeitsrealitäten samt Homeoffice umgehen? Wie werden diese in neue, brauchbare Regularien gegossen?

Langzeitfolgen

Wer kümmert sich um die schon jetzt manifesten psychosozialen Verwerfungen in der Gesellschaft, die diese Pandemie mitausgelöst hat?

Wie können die Kinder und Studierenden, die seit zwei Jahren im Ausnahmezustand leben und lernen, aufgefangen und unterstützt werden?

Wie gehen wir mit den medizinischen Langzeitfolgen um, Stichwort Long Covid? Wie werden die womöglich jahrelangen Folgewirkungen der Pandemie medizinisch, aber auch rechtlich für den Arbeitsprozess bewertet? Wie wird die Versorgung und Betreuung organisiert?

Und es wird sich die Frage stellen, wie der Rückbau der Covid-Maßnahmen geregelt wird, wie rasch und juristisch abgesichert der Normalzustand jenseits von Vorschriften, Sanktionen und Datenerhebungen wiederhergestellt wird. Und: Wer organisiert und vor allem kontrolliert dies?

Das alles muss geklärt werden und in eine strategische Planung einfließen. Die Aufgabenstellung ist beispiellos, und je länger mit den Vorbereitungen zugewartet wird, desto schwieriger wird sie. Es sollte daher umgehend gehandelt werden und bereits jetzt eine Art Gecko II (gesamtstaatliche Krisenkoordination) ins Leben gerufen werden, in die Experten und Expertinnen aus allen relevanten Fachbereichen, von der Ökonomie, Pädagogik und Soziologie bis zu den Fiskal- und Rechtssektoren, entsandt werden. Sie sollen die wissenschaftlich fundierten Grundlagen für die "Restaurierung" Österreichs vorbereiten. Selbstverständlich mit dem virologischen Sicherheitsnetz im Hintergrund.

Diese Gecko II sollte als Querschnittsgremium beim Bundeskanzleramt angesiedelt sein und vor allem eines sicherstellen: dass die Post-Covid-Zeit nicht so abläuft wie streckenweise die Pandemie – mit Management by Chaos. (Walter Müller, 26.1.2022)