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Mit Freund*innen eine Pizza teilen? Das ist in den vergangenen beiden Jahren selten geworden – und das ist für viele kein kleines Nebenproblem.

Foto: Getty Images / franckreporter

Es war im ersten Halbjahr der Pandemie, als die deutsche Autorin Carolin Emcke es mit viel Vorsicht bei einer Podiumsdiskussion erwähnte. Ja, Lockdowns sind hart. Für Leute mit Kindern, die neben dem Homeoffice auch das Home-Schooling stemmen müssen, die erleben, wie ihre eben erst eingeschulten Kinder mit Maske im Unterricht sitzen oder ihre Freund*innen über Wochen nicht sehen.

Aber sie sind eben nicht die Einzigen: Auch für Menschen ohne Kinder sind die Lockdowns hart, ließ Emcke anklingen. Für jene, deren zentrales soziales Netzwerk nicht die Familie, sondern Freund*innen sind.

Es gibt auch Leben außerhalb der Familie

Viele Freundschaften haben durch die Pandemie gelitten, auch jene von Erwachsenen. Folgenreich ist das aber vor allem für die, die sich entschieden haben, keine Kleinfamilie zu gründen, oder denen es aufgrund ihrer sexuellen Orientierung schwergemacht wurde und die sich deshalb – oder auch völlig freiwillig – entschlossen haben, es sich anders schön zu machen. Nicht zu vergessen Singles. Insgesamt lebten im Jahr 2020 laut Statistik Austria 1.506.000 Menschen allein.

Es ist in diesen Zeiten verdammt schwer, Freundschaften zu pflegen und mit seiner oder ihrer Wahlverwandtschaft das eigene Leben zu teilen. So ganz ohne Bars, ohne Clubs und angesichts der immer wieder hohen Corona-Zahlen mit einer sehr eingeschränkten Lust, in Restaurants zu gehen. Bei einer Umfrage des YouGov-Cambridge Globalism Project gaben 30 Prozent an, ihre Freundschaften seien während der Pandemie weniger eng geworden. Die Psychologin Eva Gjoni sagt dazu in der "Zeit": "In Krisenzeiten konzentrieren Menschen sich auf ihre wichtigsten Beziehungen, oft auf die Familie."

Belastet nur mit Kindern?

Das Verhältnis zu den Kindern und den Ehegatt*innen gilt gemeinhin noch immer als die wichtige Beziehung schlechthin. In sozialen wie auch klassischen Medien wird seit Pandemieausbruch ausführlich und auch völlig zu Recht darüber berichtet und diskutiert, wie es gerade im Familienleben drunter und drüber geht. Warum aber redet kaum wer darüber, wie sich Lockdowns anfühlen, wenn man allein wohnt, sein Sexualleben vorwiegend mit flüchtigen Bekannten "bestreitet", wenn man zwar seine Jobtermine im Gegensatz zu Eltern einhalten kann, aber Abend für Abend allein ist? Auch das ist verdammt hart, und noch härter wird es, wenn kaum darüber geredet wird.

Das herrschende Schweigen darüber verrät viel über die Bewertung von Lebensweisen. Das Leben mit festen Partner*innen und leiblichen Kindern gilt noch immer als das "richtige", als das "ernstzunehmendere" Leben. Das zeigt sich übrigens auch ohne Pandemie, etwa wenn Eltern erklären, dass sie – bevor sie Kinder hatten – ja gar nicht wussten, was "echte" Müdigkeit oder "richtiger" Stress ist. Und so etwas kommt auch von feministischen und sich als fortschrittlich verstehenden Leuten. Das ist nichts anderes als eine harsche Bewertung von Lebensentwürfen – die man auch einfach lassen könnte. Denn es gibt verdammt viel Leben, Liebe, Stress und Belastung auch außerhalb der lieben Familie. (Beate Hausbichler, 26.1.2022)