Rund 50 Trägerinnen des Käthe-Leichter-Preises kritisieren die Frauenpolitik der Bundesregierung und Frauenministerin Susanne Raab.

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Wien – Trägerinnen des Käthe-Leichter-Preises üben scharfe Kritik an frauenpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung. "Frauenpolitik ist Politik für eine chancengleiche Gesellschaft, und diese findet nicht statt", so die Initiatorinnen des Käthe-Leichter-Alumnae-Klubs Ingrid Moritz, Anna Steiger und Traude Kogoj in einer Aussendung. Daher habe man sich mit einem offenen Brief an Susanne Raab, Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration, und an die gesamte Bundesregierung gewandt. Den Brief haben rund 50 Trägerinnen des Käthe-Leichter-Preises, des österreichischen Staatspreises für Frauenforschung, formuliert.

"Es ist grausam zu sehen, wie viele wissenschaftliche Fakten und Maßnahmenvorschläge seit Jahren auf dem Tisch liegen, ohne dass sich das in einer evidenzbasierten Frauenpolitik niederschlägt", so Brigitte Ratzer von der TU Wien. Vielmehr gewinnen die Forscherinnen den Eindruck, dass es abgesehen von Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen überhaupt keine Frauenpolitik mehr gebe.

Einhaltung der UN-Vorgaben gefordert

Doch auch bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention im Politikfeld Gewalt gegen Frauen fällt der Umsetzungsbericht 2021 seitens des Bundeskanzleramtes ernüchternd aus: "Der Möglichkeit, die Datenerhebung von sämtlichen relevanten Einrichtungen – inklusive der Gewaltschutzeinrichtungen – institutionenübergreifend zu vereinheitlichen, sind sowohl durch beschränkte personelle und budgetäre Ressourcen als auch durch unterschiedliche prioritäre Datenerfassungszwecke Grenzen gesetzt", wird aus dem Bericht zitiert.

Es liegt im "Interesse der Öffentlichkeit und im Interesse der Einhaltung der UN-Vorgaben zur Gleichstellung, den Umsetzungsstand der Maßnahmen bei den UN-Nachhaltigkeitszielen (SDG 5) zur Gleichstellung der Geschlechter im Detail zu erfahren. Was ist seitens der Regierung dazu konkret geplant?", heißt es im offenen Brief.

Frauenberichte fehlen

Erinnert wird in dem offenen Brief auch an die Frauenberichte: "1975, 1985, 1995 und in etwas reduzierterer Variante 2010 gab es aufschlussreiche Frauenberichte, die zeigten, was aus frauen- und gleichstellungspolitischer Sicht aktuell wichtige Themen sind." Weder habe es einen Frauenbericht 2020 gegeben, noch sind Anzeichen erkennbar, dass ein Nachfolgebericht in naher Zukunft angedacht wird. Als Vorbild für die regelmäßige Erstellung eines solchen Berichtes wurde Deutschland genannt, wo die Gleichstellungsberichte auch im Parlament behandelt werden."

Im Frauenbereich würden systematische Analyse, Evaluation und Maßnahmen sowie die Anwendung von Empfehlungen für die Gleichstellungspolitik fehlen, kritisieren die Käthe-Leichter-Preis-Trägerinnen und schließen ihren offenen Brief mit: "Sie sind säumig." (red, 26.1.2022)