In Fabian Eders Film sprechen Zeitzeugen im Zug über das Erlebte.

Foto: Stadtkino Filmverleih

"Der schönste Tag" sei der "Anschluss" für den Universitätsprofessor Taras Borodajkewycz gewesen – eine Aussage, die 1965 zur ersten innenpolitischen Auseinandersetzung mit der Rolle Österreichs im Nationalsozialismus führte. Dass das Kapitel längst nicht abgeschlossen ist, zeigt die gleichnamige Dokumentation Fabian Eders, die den Fragen der Enkelgeneration an ihre Großeltern Raum gibt: Wie war der "Anschluss" für dich? Was hast du im Krieg erlebt?

Stadtkino Filmverleih

Anlass der Gespräche ist die Neuausrichtung des österreichischen Beitrags im Gedenkmuseum Auschwitz-Birkenau. Denn die zu Filmbeginn sichtbare, 1972 errichtete Schautafel mit der Aufschrift "11. März 1938: Österreich erstes Opfer des Nationalsozialismus" ist angesichts der dazu eingespielten umjubelten Heldenplatzrede Hitlers unhaltbar. Die neue Ausstellung soll die 1991 von Franz Vranitzky eingestandene Mittäterschaft eines signifikanten Teils der österreichischen Bevölkerung am NS widerspiegeln.

Dialoge mit Zeitzeugen

Wie unterschiedlich sich diese Verantwortung artikuliert, zeigen die Dialoge mit Zeitzeugen. Sich in einem Zugabteil gegenübersitzend, stellen die Jüngeren tastend ihre Fragen an die Älteren. Sichtbar bewegt ist etwa der Regisseur selbst angesichts der Erinnerungen Aba Lewits, der als Teenager im Krakauer Ghetto auf den Wiener Kommandanten Amon Göth stieß und später in Mauthausen bei Minusgraden nackt Appell stehen musste.

Im krassen Gegensatz dazu steht die Lebensgeschichte einer gleichaltrigen Schlesierin, die ihre aufregende Jugend als Soldatenbraut nicht getrübt sehen möchte. Allen Zeitzeuginnen und -zeugen gemeinsam ist, dass sie lange geschwiegen haben. Doch dass das Erzählen notwendig ist, macht der auf der Diagonale 2021 mit dem Publikumspreis ausgezeichnete Dokumentarfilm mit Nachdruck deutlich. (diva, 27.1.2022)