Über kurz oder lang kommt der Dieselmotor nicht nur auf der Straße, sondern auch auf der Schiene ins Stottern. Und dort wie da sind es die gleichen Vorzeichen und Lösungen. Emissionslose Antriebe sind dabei auf der Schiene von besonderer Bedeutung, da diese Art des Verkehrs doch schon von sich aus dafür stehen will, dass sie Mobilität umweltfreundlich möglich macht. Da ist es dann fürs Image nicht förderlich, wenn eine Diesellok auf einer elektrifizierten Strecke herumraucht. Doch das geht im Moment oft gar nicht anders.

Komfort und Ökologie

Kommt eine Diesellok – oder ein -Triebwagen, da gibt es ja einen feinen Unterscheid – von einer nicht elektrifizierten Nebenbahn auf die Hauptstrecke, kann sie entweder mit dem Dieselantrieb weiterfahren – oder man lässt die Passagiere auf einen anderen Zug umsteigen. So unökonomisch Ersteres ist, so unkommod ist Letzteres.

2,1 Millionen Zugkilometer werden bei uns jährlich auf elektrifizierten Strecken mit Diesel gefahren.

Um dieses Problem zu lösen, gibt es eine Reihe von Möglichkeiten. Eine ist die Elektrifizierung aller Strecken. Auch wenn die ÖBB ein großes Elektrifizierungsprogramm abarbeitet, alle Strecken wird man nicht versorgen können. Gerade wenn auf einem Abschnitt kein Güterverkehr unterwegs ist, lässt sich die Elektrifizierung einer Strecke oft wirtschaftlich nicht rechtfertigen.

Moderne Dampfloks

Wasserstoffzüge haben als Alternative schon vor Jahren für Aufsehen gesorgt. Sie fahren im Grunde emissionsfrei – am Ende dampft nur ein wenig Wasser aus der Lok –, kommen über weite Strecken und sind schnell wieder aufgetankt. Alstom präsentierte seinen Coradia iLint zum ersten Mal 2016, als den "weltweit ersten Personenzug, der mit einer Wasserstoff-Brennstoffzelle betrieben wird".

Der Coradia iLint fährt mit Wasserstoff, der in einer Brennstoffzelle zu Strom veroxidiert wird.
Foto: Alstom

Im Grunde kommt dort die gleiche Technik zum Einsatz wie bei Automobilen oder den neuen Bussen mit Wasserstoff-Brennstoffzellen der Hyfleet von Flixbus. In einer Brennstoffzelle wird reiner Wasserstoff oxidiert, um am Ende Strom zu gewinnen. Als Nebenprodukt fällt Wasser an – flüssig und/oder als Dampf. Der Strom aus der Brennstoffzelle wird je nach Lastanforderung in einem Akku zwischengespeichert oder direkt verwendet.

Flixbus ist ebenfalls an Wasserstoff als Treibstoff interessiert.
Foto: Flixbus

Alstom schickt seinen Wasserstoff-Triebwagen seit Jahren in diverse Länder, um dessen Eignung an den jeweiligen Orten zu beweisen. So fuhr der Coradia iLint vergangenes Jahr in Frankreich, Schweden und Polen. In Österreich war er bereits 2020 im Passagierbetrieb unterwegs.

Auch in Österreich wurde der Wasserstofftriebwagen von Alstom bereits getestet.
Foto: Alstom

Dort zeigten sich dann neben den Stärken auch die Schwächen dieser Technologie. Für die Betankung braucht man eine eigene Infrastruktur – das wäre noch nicht das Problem, meinte ein ÖBB-Insider –, dramatischer ist, dass es derzeit keinen sauberen Wasserstoff für den Zug gibt. Dieser wird nämlich entweder mit Atomstrom erzeugt oder, wie bei uns, zum allergrößten Teil aus fossilem Erdgas gewonnen.

Batterie statt Diesel

Darum scheint man bei der ÖBB von der Idee des Wasserstoffzuges einstweilen Abstand zu nehmen. Vom Diesel muss man aber weg. Vor rund zehn Jahren wurden die letzten Dieselloks angeschafft. Etwa 30 Jahre, sagt man, beträgt die Lebensdauer eines Triebwagens – doch so lange wird es nicht dauern, bis die Dieselloks Geschichte sind. Bis 2030 sollen sie durch Batterie-Hybride ersetzt sein.

Erst vor wenigen Tagen nahm einer dieser Batteriezüge, ebenfalls von Alstom, in Baden-Württemberg den Fahrgastbetrieb auf. Anfang Februar wird eine Linie in Bayern in Betrieb genommen. Auch bei dem Thema hat Österreich die Fahrversuche schon hinter sich.

Siemens gegen Alstom

"International sind wir mit dem Batteriezug Cityjet Eco eindeutig der Vorreiter in Österreich", sagt Michael Braun, Konzernsprecher von Siemens Österreich. "Die ÖBB haben gemeinsam mit uns das erste für den uneingeschränkten Fahrgastbetrieb zugelassene Fahrzeug im Einsatz gehabt." Dieser Prototyp war zwei Jahre unterwegs, davon ein Jahr im Fahrgasteinsatz in der Steiermark, Ober- und Niederösterreich. Bestellungen für den Batteriezug gebe es bereits aus Deutschland.

Unter dem Namen Cityjet eco war ein mit Batterien aufgerüsteter Desiro ML zwei Jahre in Österreich unterwegs.
Foto: Siemens

Doch es gibt einen deutlichen Unterschied zwischen Deutschland und Österreich. Bei den Nachbarn wird der neue Mireo Plus B zum Einsatz kommen, bei uns könnte man einige der Desiro ML – das sind die Cityjets der ÖBB oder die neuen Ventus der Raaberbahn – einfach mit Batterien aufrüsten.

Nach Deutschland liefert Siemens den Mireo Plus B.
Foto: Siemens

Die Siemenszüge tragen ihre Batterien am Dach, aber innerhalb des Zuges – der Temperatur wegen. Die Akkus haben eine Kapazität von 428 kWh – zum Vergleich, der Renault Zoe mit dem 52 kWh-Akku hat eine Reichweite von fast 400 Kilometern – und die Bahn kommt damit, je nach Besetzungsgrad, Steigung und Temperatur 80 bis 100 Kilometer weit.

Geladen werden die Akkus, wenn der Zug in den elektrifizierten Abschnitten fährt, oder an einer Schnellladestation, wenn es nicht rechtzeitig einen Fahrdraht gibt. Großer Nachteil dieser Züge ist, dass sie sehr schwer sind.

80 bis 100 Kilometer weit fährt der Batteriezug von Siemens mit einer Ladung.

In Österreich habe definitiv der Batteriezug die Nase vorn, ist sich Michael Braun sicher, "weil nur etwa 25 Prozent der Bahnstrecken nicht elektrifiziert sind", und das seien meist relativ kurze Abschnitte, "stromfreie Inseln oder Sackgassen". Es gehe um das Thema "Überbrückung der Elektrifizierungslücke und anschließendes Einfädeln des Zugs auf die Hauptstrecken".

Ähnlich dürfte das auch die ÖBB sehen. Sie schreibt gerade batterieelektrische Züge aus, um die alten Diesel zu ersetzen. (Guido Gluschitsch, 27.1.2022)