Ja, darf er das denn? 2G an der ganzen Uni verordnen? Für alle? Und damit die (absichtlich) Ungeimpften "aussperren"? (Die wenigen, die medizinisch begründet nicht impfbar sind, immer ausgenommen.) Die Aufregung war groß, als das Rektorat der Uni Klagenfurt unter Oliver Vitouch Anfang November 2021 im Rahmen der Uni-Autonomie Zugang nur noch für Geimpfte und Genesene erlaubte. In einer Infomail an alle Studierenden sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses schrieb Vitouch damals, das sei keine Schikane, sondern "pure Vernunft", die Impfung auf "strikt wissenschaftlicher Basis" das beste Präventionsmittel.

Jetzt folgt die Wirtschaftsuniversität (WU) Wien. Rektorin Edeltraud Hanappi-Egger und ihr Leitungsteam stellen im Selbstverständnis als "Institution der Wissenschaft" ebenfalls komplett auf 2G um. Wie viele der 20 anderen öffentlichen Unis werden nachziehen? Vor einigen Tagen forderten alle Senate und die ÖH eine bundesweit einheitliche 2G-Regelung für alle Uni-Angehörigen.

Die Wirtschaftsuniversität (WU) Wien stellt komplett auf 2G um.
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Vor dem Hintergrund der Impfpflicht, die ab Dienstag gilt, ist 2G zuallererst konsequent. Es nimmt das Impfpflichtgesetz ernster als die Regierung selbst, die am Arbeitsplatz weiterhin 3G erlaubt. Auch wenn einige Gründe dafür, etwa die Sicherung systemkritischer Arbeitsmarktsegmente, nachvollziehbar sind, bleibt 3G ein Widerspruch zur Impfpflicht. Die logische Konsequenz kann nur 2G lauten.

Intellektuelle und politische Niederlage

Wenn nun ein paar Universitäten vorangehen mit 2G, dann handeln sie vor allem im Geiste der Wissenschaft, der Vernunft, der Aufklärung. Wer, wenn nicht sie?! Denn das wichtigste Argument für 2G ist und bleibt die wissenschaftliche Evidenz. Angesichts der aktuell fünften Corona-Welle ist es ohnehin eine intellektuelle und politische Niederlage für die ganze Gesellschaft, dass wir pandemietechnisch da stehen, wo wir stehen. Dass noch immer Menschen sterben, die nicht sterben müssten, weil uns die Wissenschaft den rettenden Anker längst zugeworfen hat.

Da darf man gerade an einer Universität durchaus die Frage stellen, die Vitouch in seine Begründungsmail einfügte: "Jene, die all das kategorisch von sich weisen, müssen beizeiten beginnen darüber nachzudenken, ob eine Universität das Richtige für sie ist." Das entpuppte sich natürlich als Trigger für ein notorisches Milieu, das umgehend die Keule von der "Ausgrenzung" schwang. Dabei ist klar: Wer in einem wissenschaftlichen Umfeld, wo es um Vernunft, Fakten und empirische Evidenz geht, nicht willens oder in der Lage ist, zu erkennen, was Wissenschaft ist und leistet, wandelt vermutlich auf dem falschen Pfad.

Die pandemische, im Kern wissenschaftsfeindliche Quer-"Denkerei", die die verantwortungsbewusste Mehrheit der Gesellschaft immer aggressiver buchstäblich terrorisiert, braucht klare, robuste Gegensignale. Denn sie ist Ausdruck einer voraufklärerischen Meinungshaberei, die mit ihren kruden Welterklärungen weit hinter das zurückfällt, worauf wir uns als aufgeklärte Gesellschaft verständigt haben. Sie gefährdet zentrale Funktionsgrundlagen unserer modernen Gesellschaft. Das Narrativ der "Spaltung" greift dabei ins Leere. Die Pandemie ist keine Meinungsfrage.

Darum exerzieren die Universitäten, die jetzt auf 2G setzen, etwas ganz Wichtiges vor: Es gibt einen Unterschied zwischen Meinungen und Fakten. In der Pandemie kann er lebensrettend sein. (Lisa Nimmervoll, 26.1.2022)