Sebastian Kurz und Christian Kern wurden als Pfaue assoziiert: Ersterer, weil "hinterfotzig"; Zweiterer, weil "eitel".

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Österreichs gesamte Politik: ein Zoo. Diesen Eindruck bekommt zumindest jeder, der die Studie "Wirtschafts- und Budgetpolitik" von Research Affairs für das Finanzministerium liest. Autorin des 95-seitigen Werks ist mit Sabine B. jene Meinungsforscherin, die in der Inseraten- und Umfragenaffäre als Beschuldigte geführt wird.

Ihr und damaligen Mitarbeitern des Finanzministeriums wirft die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vor, mit Steuergeld "parteipolitisch motivierte" Umfragen durchgeführt zu haben, die vor allem der ÖVP und ihrem damaligen Shootingstar Sebastian Kurz nutzen sollten. Es geht um den Vorwurf der Untreue sowie in weiterer Folge um Bestechung und Bestechlichkeit, weil Teile der Umfragen als redaktionelle Beiträge in Medien der Österreich-Gruppe veröffentlicht worden sein sollen. Im Gegenzug hätten die Medien der Brüder Fellner Inserate und Medienkooperationen erhalten – die Beteiligten bestreiten das, es gilt die Unschuldsvermutung.

Die Studieninhalte waren freilich nur peripher bekannt – zumindest bis jetzt. Denn erst am Mittwochnachmittag hat das Finanzministerium unter Magnus Brunner (ÖVP) die Expertisen online gestellt und damit veröffentlicht. Freilich nicht ganz freiwillig: Medien hatten seit langem darauf gedrängt, das Finanzministerium hatte zuerst auf die aktuellen Ermittlungen verwiesen. Die WKStA stimmte jedoch laut "Kurier" der Veröffentlichung nun zu.

"Eitler Pfau" Christian Kern

Doch nun zurück zum Tierischen: Für die zwischen 2016 und 2018 erstellte Studie "Wirtschafts- und Budgetpolitik" bat B. die Teilnehmer ihrer Umfrage unter anderem, Politiker mit Tieren zu assoziieren. Was bei dieser "Analogienbildung" herauskam? Der damalige Kanzler Christian Kern (SPÖ) wurde etwa mit einem "eitlen Pfau (…), der wie ein Wichtigtuer wirkt", verglichen, aber auch mit einem "Fuchs, der schlau, aber doch etwas hinterhältig" sei, und einem "Hirsch (…), der sein Revier verteidigt". Fazit von B.: "Christian Kern wird mit schlauen, machtorientierten Tieren, die sich gerne in Szene setzen, in Verbindung gebracht."

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Der damalige Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner, den Kurz später aus dem Weg räumen sollte, wurde mit einem "eher zurückhaltenden Tier, das gegebenenfalls rabiat werden kann", assoziiert. Genannt wurde der "alte Hase, da er schon lange in der Politik" sei; ein "Affe, der versucht, im Rudel einen Platz zu finden", und eine Hyäne, die "rabiat und gefährlich werden kann". Andere Befragte sahen in ihm einen Maulwurf, der sich "immer versteckt".

Der heutige burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), damals Verteidigungsminister, erinnerte an "ein Tier, das nett aussieht, sich jedoch nichts gefallen lässt": Bulle, Wildschwein oder Eber. Doch auch der Schäferhund, "ein treues Tier, das aber auch scharf werden kann", stand auf der Doskozil-Liste.

"Hinterfotziger Pfau" Sebastian Kurz

Der damalige Außenminister Kurz wurde, Überraschung, mit "schlauen, zielstrebigen Tieren in Verbindung gebracht", resümierte B. Als da wäre: der Pfau, der freilich "hinterfotzig" sei, "alles übernehmen will und über Leichen geht". Bereits bekannt sind sein Delfin-Status ("schlau und gefährlich") und das Eichhörnchen ("sieht süß aus", "will hoch hinaus"). Auch die Dachs-Assoziation kam, mit den Eigenschaften "schnippig und bissig".

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Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP), dessen Ressort die Studie ja in Auftrag gegeben hatte, wurde als Bär ("hat zuerst gebrummt und dann geschlafen") und Adler gesehen. Der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sei "falsch wie eine Schlange" und, noch konkreter, "laut und giftig" wie eine Klapperschlange. Auch als Ratte sahen ihn Befragte, denn die "wühlt im Mist von anderen". Neos-Gründer Matthias Strolz wurde sehr unterschiedlich bewertet: einerseits als herumspringender Affe, andererseits als "kleine, unauffällige Schildkröte, die ihren Weg geht".

Grüner "VW-Bus" mit Joints

Auch in der Kategorie Automarke gingen die Zuordnungen zum Teil weit auseinander: Die Grünen wurden zum einen als umweltfreundliches Elektroauto bezeichnet, zum anderen als "alter VW-Bus, wo die Leute mit Rasterlocken (sic) und Joint drinnen sitzen". Wenig Schmeichelhaftes auch für die ÖVP: Sie sei ein alter VW-Käfer, weil sie "in den letzten Jahren stehen geblieben" sei und wie der VW-Konzern "in der Krise" stecke. Die SPÖ: Ford, Opel und (alter) VW-Bus, Joints und Rastalocken wurden da aber nicht erwähnt. Die automobile Zuordnung der FPÖ: getunter Golf GTI und "billiges Auto". Die Neos: Puch 500 ("altes Pucherl"), der "Krach macht, laut ist, mit dem man aber auch nicht weit kommt".

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Sehr aufschlussreich auch die Familienaufstellung, die Frau B. mit ihren Befragten durchführte und mit der sie "Abhängigkeitsverhältnisse" und den "Umgang untereinander" beleuchten wollte. Die ÖVP wurde als "Vater beziehungsweise Großvater gesehen", konservativ und mit wenig Fortschritt. Sie spiele den männlichen Part – unter anderem, weil der Finanzminister aus der ÖVP komme. Mutter beziehungsweise Großmutter: die SPÖ, die für Soziales stehe, aber "etwas in die Jahre gekommen" sei.

Ihnen wurde die Tochter Grüne zugeordnet, ausgestattet mit Vernunft und dem Wunsch nach Weltverbesserung. Der "Sohn" FPÖ komme "gerade aus der Pubertät" und lasse sich "nichts gefallen". Freilich wurde die FPÖ von anderen auch als "böser Onkel" beziehungsweise "schwarzes Schaf" in der Familie gesehen. Und die Neos? Die sind eine "Person, die nicht immer da ist": zum Beispiel der Hausfreund oder der Vater auf Dienstreise.

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"Verheerende Zustände"

Fast 156.000 Euro waren diese und weitere Erkenntnisse dem Finanzministerium wert. "Aus den nachgereichten Unterlagen ist erkennbar, dass die ursprüngliche, undatierte Studie in hohem Maße Fragen zu politischen Parteien und Politikern enthielt und 'Ergänzungsarbeiten', soweit nachgeliefert, den sachlichen Zusammenhang zu der ursprünglichen Studie vermissen lassen", heißt es in dem Untersuchungsbericht der Internen Revision des Finanzministeriums. Insgesamt wurden da 28 Studien untersucht, 13 davon stammen von B. Teils "verheerende Zustände" attestierten die Revisoren bei der Vergabe und Dokumentation. Ein beschuldigter Abteilungsleiter wurde bereits gekündigt. (Renate Graber, Fabian Schmid, 26.1.2022)