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Polizistinnen brachten die bekannte TV-Journalistin Sedef Kabaş (Mitte) zur gerichtlichen Vorladung.

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Ankara – Die wegen Präsidentenbeleidigung festgenommene türkische Journalistin Sedef Kabaş muss sich laut Staatschef Recep Tayyip Erdoğan auf eine Strafe einstellen. "Diese Straftat wird nicht ungesühnt bleiben", sagte Erdoğan am Mittwoch dem Sender NTV. "Es ist unsere Pflicht, den Respekt vor meiner Funktion, der Präsidentschaft, zu schützen." Mit Meinungsfreiheit habe das nichts zu tun.

Die bekannte TV-Journalistin war am Samstag in ihrer Istanbuler Wohnung festgenommen worden. Wenige Stunden zuvor hatte sie während einer Sendung und danach auch auf Twitter den Präsidenten kritisiert. Derzeit sitzt sie in Untersuchungshaft.

Ochse im Stall

Die Journalistin hatte am Freitag in einer Fernsehsendung bei Tele 1 die Regierung für ihr hartes Durchgreifen gegen Kritiker und für ihre Polarisierung der Gesellschaft kritisiert. "Wenn ein Ochse in einen Palast geht, wird er kein König, sondern der Palast wird zum Stall", hatte Kabaş später auf Twitter ein Sprichwort zitiert, ohne jedoch eine Person oder einen Ort zu nennen. Regierungsmitglieder und der Erdoğan-Sprecher Fahrettin Altun hatten sie daraufhin als "unmoralisch" und "unverantwortlich" bezeichnet

Die türkische Journalistengewerkschaft TGS bezeichnete Kabaşs Festnahme als "schweren Angriff auf die Pressefreiheit". Der Verband prangert immer wieder Einschränkungen der Pressefreiheit in der Türkei an, insbesondere seit dem Putschversuch 2016. Auf einer Rangliste der NGO Reporter ohne Grenzen zur Pressefreiheit lag die Türkei vergangenes Jahr unter 180 untersuchten Ländern auf Platz 153.

Kritik am Vorgehen gegen Kabaş kam auch aus der Opposition. Die Volkspartei CHP brachte wegen des Falls die Abschaffung des Straftatbestands der Präsidentenbeleidigung ins Spiel. Das lehnte Erdoğan am Mittwoch kategorisch ab. (APA, 27.1.2022)