Laut vorläufigen Daten der Landesstatistik Wien (MA 23) betrug das Bevölkerungswachstum im Vorjahr 13.900 Personen, das ist ein Plus von 0,7 Prozent.

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Trotz der Covid-19-Pandemie und einer signifikanten Übersterblichkeit hat sich das Wachstum Wiens im Vorjahr wieder beschleunigt. Laut vorläufigen Daten der Landesstatistik Wien (MA 23) betrug das Bevölkerungswachstum im Vorjahr 13.900 Personen, das ist ein Plus von 0,7 Prozent. In den vergangenen drei Jahren blieb das Wachstum in absoluten Zahlen unter diesem Wert. Allerdings fielen die Zuwächse im Zehnjahresdurchschnitt (2011–2020) mit einem Plus von fast 22.000 Einwohnern noch deutlicher aus.

Wie in den Vorjahren wuchs die Bevölkerung vor allem in den großen "Flächenbezirken": In Liesing betrug das Plus rund drei Prozent, in der Donaustadt und Floridsdorf rund 2,5 Prozent. Leichte Bevölkerungsrückgänge gab es in der Inneren Stadt sowie vor allem im Westen Wiens.

Fünftgrößte Stadt in der EU

Am 1. Jänner 2022 lebten damit etwa 1,935 Millionen Menschen in Wien, wie Peter Wieser, Leiter der Abteilung Wirtschaft, Arbeit und Statistik der Stadt, erläuterte. Weiterhin aufrecht bleibt die Schätzung der Wiener Bevölkerungsprognose von 2018, wonach Wien im Jahr 2027 wieder zur Zwei-Millionen-Metropole aufsteigen könnte. Wien ist seit dem Austritt Großbritanniens die fünftgrößte Stadt der EU hinter Berlin, Madrid, Rom und Paris.

Etwas früher könnte diese Marke auch geknackt werden, wenn vermehrt Pendlerinnen und Pendler aus Niederösterreich aufgrund des Wien-weiten Parkpickerls ihren Hauptwohnsitz nach Wien verlegen. Laut Wieser gab es 2021 aber "keine auffälligen Veränderungen der Wohnsitze". Andererseits tritt die Wien-weite Kurzparkzone auch erst am 1. März in Kraft.

38 Prozent der Wienerinnen und Wiener sind im Ausland geboren

Der größte Teil des Bevölkerungswachstums im Vorjahr ist wieder auf die Zuwanderung zurückzuführen: Das Plus bei der Wanderungsbilanz beträgt 12.400 Personen. Das ist aber deutlich unter dem zehnjährigen Mittel (2011–2020), dort wird ein Plus von 18.620 Personen ausgewiesen.

Die häufigsten Geburtsländer der 2021 neu nach Wien Gezogenen waren Syrien, Deutschland, Afghanistan und Rumänien. Diese sind auch im Zehnjahresmittel vorn. Laut vorläufigen Daten erhöhte sich der Bevölkerungsstand der Personen mit Geburtsland Syrien vom 1. Jänner bis 31. Dezember 2021 um 4.300 Personen. Das Plus bei Personen mit Geburtsland Deutschland betrug 2.000, jenes bei Menschen mit Geburtsland Afghanistan 1.100. Dahinter folgen Rumänien (800) und die Ukraine (700).

Bei Stadtbewohnern mit Geburtsland Polen, Ungarn oder Serbien/Montenegro/Kosovo – "bisher Top-Herkunftsländer der Neuzuwanderung" – sank diese Zahl hingegen, wie Landesstatistiker Ramon Bauer ausführte.

Der Anteil der im Ausland geborenen Wienerinnen und Wiener ist jedenfalls um weitere 0,5 Prozentpunkte gestiegen, aktuell sind bereits 38 Prozent der Bevölkerung im Ausland geboren. Damit ist Wien laut Wieser "neben Brüssel eine der diversesten Millionenstädte der EU".

Geburtenbilanz mit leichtem Plus von 1.500 Personen

Ein kleines Plus gab es trotz Übersterblichkeit auch bei der Geburtenbilanz: Laut vorläufigen Daten wurden 2021 etwa 1.500 Personen mehr geboren, als gestorben sind. Auf 19.400 Geburten kamen 17.900 Sterbefälle.

Im ersten Corona-Jahr 2020 wies die Geburtenbilanz nur ein Plus von 1.255 auf, im Zehnjahresschnitt (2011–2020) dagegen ein Plus von mehr als 3.000. Der Rückgang bei der Geburtenbilanz sei vor allem auf die "höheren Sterbezahlen aufgrund der Covid-19-Pandemie zurückzuführen".

Übersterblichkeit von rund neun Prozent

So lag die Übersterblichkeit in Wien – wie auch in Gesamtösterreich – in den Jahren 2020 und 2021 bei rund neun Prozent. Das ergab das Mortalitätsmonitoring der Landesstatistik Wien. In Österreich starben 2020 und 2021 insgesamt rund 15.000 Personen mehr als erwartet, in Wien waren es etwa 3.000 Personen mehr. Die regionalen Unterschiede in Österreich sind laut Wieser und Bauer relativ gering: Die Übersterblichkeit im Burgenland lag bei nur knapp fünf Prozent, alle anderen Bundesländer bewegten sich nahe um den österreichweiten Durchschnittswert. In der Steiermark wurde als Spitzenwert eine erhöhte Sterblichkeit von knapp mehr als zehn Prozent registriert.

Dass die Übersterblichkeit trotz der Corona-Impfung auch 2021 so hoch wie 2020 ausgefallen ist, machen die Wiener Statistiker an mehreren Faktoren fest. So habe es 2020 nur eine größere Welle im Herbst gegeben, 2021 waren es zwei (im Frühling und im Herbst). Zudem gab es ab dem Sommer 2021 anhaltend erhöhte Sterbezahlen, "die nicht durch Covid-19 erklärt werden können", wie Bauer festhielt.

2020 konnten außerhalb der Grippewelle noch 75 Prozent der statistischen Übersterblichkeit durch die registrierten Covid-19-Toten erklärt werden. 2021 rutschte dieser Wert österreichweit auf 45 Prozent ab. Warum das so ist, dafür gebe es "keine gesicherten Erklärungen". Denkbar wären etwa "Kollateralschäden" – also mehr Todesopfer wegen Absagen von Vorsorgeuntersuchungen oder Verschiebungen von Behandlungen aufgrund der Covid-19-Maßnahmen. Möglich wäre auch, dass Covid-19-Tote nicht mehr so umfassend registriert werden. Diese Hypothesen seien aber noch nicht überprüft: Die genauere Analyse der Todesarten wird erst im Lauf des Jahres vorliegen.

27 Prozent der Covid-19-Toten 2020 in Wien waren nicht in Österreich geboren

Details liegen bereits zum Jahr 2020 vor: Hier wird klar, dass bei der Todesursache Covid-19 der Anteil der im Ausland geborenen Verstorbenen relativ hoch ist. So zeigt sich, dass bei den Covid-19-Todesfällen in Wien 27 Prozent der Verstobenen nicht in Österreich geboren wurden. Im Bereich der Nicht-Covid-19-Todesfälle beträgt dieser Anteil nur 21 Prozent. Im Durchschnitt der Wiener Sterbefälle zwischen 2015 und 2019 waren nur 19 Prozent der Verstorbenen nicht in Österreich geboren.

Auffällig ist zudem, dass der Anteil an Männern bei den Covid-19-Verstorbenen um fünf Prozentpunkte höher ist als im Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2019.

Insgesamt zeigt sich bei der Wiener Analyse der Todesarten 2020, dass mehr Menschen als üblich an einem Versagen des Herz-Kreislauf-Systems gestorben sind. Auch Krebs, Stoffwechsel- und Urogenitalerkrankungen führten zu mehr Todesfällen.

Zum Teil deutliche Rückgänge gab es hingegen bei Krankheiten des Atmungssystems, wobei hier ebenfalls die ausgefallene Grippewelle mitverantwortlich sein dürfte. Auch die Mortalität bei Krankheiten des Nervensystems und bei psychischen Krankheiten war reduziert. (David Krutzler, 28.1.2022)