Franz Klammer und Bernhard Russi erinnern sich.

Foto: ORF/SRF/Tom Baumann

Zwei ältere Herren sitzen in einer Bibliothek und stöbern in alten Zeitungsartikeln. Den einen kennen hierzulande fast alle, es ist Franz Klammer, Olympiasieger von Innsbruck 1976. Den anderen wahrscheinlich nicht halb so viele, Klammers Kontrahent über Jahre, der Schweizer Bernhard Russi. "Ich würde jetzt nicht behaupten, dass wir Freunde waren", sagt Russi in der Doku "Klammer gegen Russi – Das Rennen ihres Lebens" am Samstag, den 5.2. um 22.15 Uhr in ORF2 – gleich nach der ORF-Premiere von "Klammer – Chasing the Line". 1976 wurde er Zweiter hinter Klammer und ist damit Teil eines weiteren Sportmythos des Landes. Österreich gegen Schweiz, das ist zwar nicht Córdoba, aber doch seit jeher Simmering gegen Kapfenberg: also Brutalität.

Nimmermüde werden die Helden von damals in der Beschreibung ihrer Heldenhaftigkeit. Zeitgenossen und -genossinnen pflichten eifrig bei, erinnern sich an "den Franz" voller Bewunderung, etwa die US-Rennläuferin Cynthia, damals Cindy Nelson: "Er hatte braune Haare und war fast ein wenig scheu. Er schaute zu mir runter und sagte: ,Ah, so you’re Fräulein Nelson?‘" Ganz klar, so sprechen spätere Olympiasieger. Dass Nelson selbst Olympiadritte in Innsbruck war? Unwichtiges Detail, schließlich geht es um ein Duell der Giganten.

Und die teuflische Klammer-Fahrt runter vom Patscherkofel war ja tatsächlich ein großes Ereignis in österreichischen Haushalten. Dass sich der Fokus der Doku einzig auf Klammers Siegerstory richtet, wirkt auf die Dauer dennoch erschöpfend. Ein paar Bogerl hätten dieser Doku – wie auch dem Film – gutgetan und zu einer zeitgemäßeren Saga vom Heldenmythos verholfen. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass Siegen letztlich etwas mit Glück zu tun hat – und dass die 1970er-Jahre modisch einfach zum Schreien waren. (Doris Priesching, 30.1.2022)