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Das ist sein 21. Grand-Slam-Pokal.

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Auch Daniil Medwedew zeigte herausragendes Tennis.

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So schaut es aus.

Melbourne – Rafael Nadal knabberte am Norman Brooks Challenge Cup, immer wieder drückte der Spanier den wuchtigen Silberpokal der Australian Open an sich, er platzte nach seinem sensationellen Comebacksieg fast vor Glück. Mit dem 21. Grand-Slam-Titel setzte der 35-Jährige einen Meilenstein der Tennisgeschichte, auf der Tribüne knipste selbst der legendäre Rod Laver Fotos von den historischen Szenen weit nach Mitternacht in Melbourne.

"Vor einem Monat wusste ich nicht, ob ich auf die Tour zurückkehren kann, und jetzt stehe ich hier mit der Trophäe", sagte Nadal, nachdem er den Pokal um 1.30 Uhr in die Höhe gestemmt hatte. Nach dem verwandelten Matchball des 5:24 Stunden langen 2:6, 6:7 (5:7), 6:4, 6:4, 7:5-Finalthrillers gegen den russischen Weltranglistenzweiten Daniil Medwedew vergoss er Tränen der Rührung. "Das wird bis zum Ende meines Lebens in meinem Herzen bleiben."

Nadal steht nun als alleiniger Major-Rekordchampion eine Stufe über seinen großen Rivalen Roger Federer und Novak Djokovic, die jeweils 20 Titel vorzuweisen haben. "Ich kann kaum erklären, was mir das bedeutet", sagte der Mallorquiner bei Eurosport. "Ich weiß nicht, wie ich das geschafft habe. Ich bin einfach nur zerstört." Zum vierten Mal in seiner Karriere und erstmals seit 2007 war er nach einem 0:2-Satzrückstand zurückgekommen. Im Finale von Melbourne war dies noch keinem Profi gelungen.

Für Nadal, der im vieldiskutierten Rennen um den Rang des größten Spielers der Geschichte vor allem Djokovic einen schweren Rückschlag verpasste, kam der Triumph nach großen Verletzungsproblemen fast unverhofft.

So ist es losgegangen

Als erst vierter Spieler nach Djokovic sowie den australischen Ikonen Roy Emerson und Laver komplettierte er seinen zweiten Karriere-Grand-Slam. Die Australian Open hatte er zuvor ein einziges Mal gewonnen, 2009. Es ist die Krönung einer einzigartigen Karriere, die er 2005 bei den French Open, mit dem Sieg im Finale gegen Mariano Puerta, als damals 19-Jähriger so richtig in Schwung brachte. Unglaubliche 13 Titel auf der roten Asche von Paris sind es mittlerweile, vier bei den US Open, zwei in Wimbledon – und nun eben zwei in Melbourne. Eine unfassbare Leistung.

Medwedew (25) verpasste es hingegen nach seinem Triumph in New York im September, sofort den zweiten Majortitel nachzulegen. Für ihn war es in Down Under die zweite Finalniederlage in Folge. 2021 hatte er klar gegen Djokovic verloren, den er auch in der Weltrangliste angreifen wollte. Doch er vergab die Chance. "Was Rafa heute geleistet hat, ist unglaublich", sagte Medwedew anerkennend.

Gratulation von Federer und Djokovic

Die beiden anderen Superstars, die zu den "big three" zählen, gratulierten Nadal umgehend. "Was für ein Match! An meinen Freund und großen Rivalen Rafael Nadal: Herzlichen Glückwunsch an den ersten Mann, der 21 Einzeltitel bei Grand Slams gewinnt", schrieb Roger Federer auf Instagram. "Vor ein paar Monaten haben wir noch gescherzt, weil wir beide auf Krücken unterwegs waren. Erstaunlich. Unterschätze nie einen großen Champion. Dein unglaublicher Arbeitseifer, deine Hingabe und dein Kampfgeist sind eine Inspiration für mich und unzählige andere auf der Welt. (...) Ich bin sicher, dass Du noch mehr erreichen wirst, aber jetzt genieße erstmal diesen Triumph!"

Und auch Novak Djokovic richtete Nadal auf Twitter seine Glückwünsche aus, lobte Nadals Spirit.

Am Tag nach der großen australischen Party mit dem vielumjubelten ersten Heimsieg seit 44 Jahren durch Ashleigh Barty und dem Doppeltriumph der Publikumslieblinge Nick Kyrgios und Thanasi Kokkinakis spürte Nadal sofort, wie schwer ein Erfolg gegen Medwedew werden würde. Den ersten Satz dominierte der fast fehlerfreie Russe. Das Publikum in der Rod Laver Arena feuerte Nadal lautstark an, der hatte im Turnierverlauf stets betont, dass der Grand-Slam-Rekord nicht über sein Glück entscheide.

Der Ausnahmespieler kämpfte verbissen darum, ins Match zu finden. Das gelang – und wie! Immer mehr spitzte sich die Begegnung zu, sie wurde zu einer echten Nervenschlacht, die Nadal im fünften Satz für sich entschied, was er dann hochemotional bejubelte.

So kann es weitergehen

Nach Monaten mit Fußschmerzen und sogar Rücktrittsgedanken hatte er schon nach dem Finaleinzug Tränen der Rührung vergossen. "Eigentlich dachte ich, das werden vielleicht meine letzten Australian Open", sagte Nadal nach dem Match. "Aber jetzt habe ich viel Energie, um weiterzumachen."

Das Finale bot Hochspannung und war ein glänzender Schlusspunkt eines Turniers, das zu Beginn lange im Schatten des juristischen Tauziehens um die Einreise des ungeimpften Topstars Djokovic gestanden hatte. Doch das spielte nach Mitternacht in Melbourne keine Rolle mehr. (sid, APA, red, 30.1.2022)