Wer Wordle oder Scrabble trainiert, erfasst Worte schnell mit anderen Gehirnregionen.

Foto: STEFANI REYNOLDS

Das Internet-Phänomen Wordle animiert Millionen von Menschen Tag für Tag dazu, ein Wort mit fünf Buchstaben zu erraten. Das Gehirn-Training mit sozialer Komponente – die eigene Performance wird gerne auf Twitter geteilt – erinnert an andere Wort-Spiele wie das legendäre Scrabble, aber auch das Spiel Mastermind, wo eine Farbkombination in so wenigen Durchgängen wie möglich herausgefunden werden muss.

Während Wordle ein aktueller Hype ist, wurden die neurologischen Auswirkungen von häufigem Scrabble spielen auf das Gehirn bereits mehrfach untersucht. Darauf weist die Psychologin Penny Pexman von der University of Calgary in einem aktuellen Beitrag auf dem akademischen Blog "The Conversation" hin.

Scrabble-Spieler erkennen Worte schnell

Mit anderen Forscherinnen fand sie unter anderem heraus, dass professionelle Scrabble-Spieler Wörter in vertikaler Anordnung deutlich schneller erkennen als Gelegenheitsspieler. Interessanterweise spielt die Bedeutung des Wortes dabei eine untergeordnete Rolle. Die Studienteilnehmer erkannten folglich gültige Wortkombinationen oft sehr schnell, ohne unbedingt zu wissen, was diese Worte eigentlich bedeuten.

Dabei fanden Pexman und ihr Forschungsteam heraus, dass bei Profi-Spielern Gehirnprozesse, die normalerweise beim Sprachengebrauch zum Tragen kommen, nach einiger Zeit umprogrammiert wurden. So werden bei diesen Personen eher Gehirnregionen aktiviert, die weniger mit dem Verstehen und der Bedeutung von Worten assoziiert sind, sondern mehr mit der Erfassung und dem Abspeichern visueller Informationen.

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Scrabble-Experten haben auch Vorteile bei Wordle.
Foto: Mattel/Reuters

Ein wenig ernüchternd sind die Ergebnisse auf die Fragestellung, ob das Trainieren des Gehirns mit solchen Worträtseln auch agiler und versierter für andere Denkaufgaben macht. Pexman zufolge ist die Antwort: "Nein. Eine Gewohnheit für Scrabble macht Sie gut in... Scrabble." Zu diesem Schluss kamen die Forscher, indem Studienteilnehmer andere Rätsel lösen mussten, bei denen etwa statt Buchstaben Symbole angeordnet werden mussten.

Wordle kann Alterungsprozess nicht aufhalten

Ein kleiner Trost: Da bei Wordle auch eine buchstabenbasierte Wortsuche und weniger die Bedeutung im Vordergrund stehe, könne man aber davon ausgehen, dass Scrabble-Profis auch beim aktuellen Rätselphänomen gewisse Vorteile hätten. Auch sei davon auszugehen, dass das Gehirn schon nach wenigen Wordle-Runden ebenfalls für die spezielle Aufgabe umprogrammiert werde, ist die Psychologin überzeugt.

Die weit verbreitete Annahme, dass die ständige Beschäftigung des Gehirns vor einem Abbau der Fähigkeiten im Alter schützt, konnten die Forscherinnen in puncto Scrabble zumindest nicht bestätigen. Die Profi-Spieler, die sogar für die Teilnahme an Wettbewerben trainieren und dafür Wortkombinationen auswendig lernen, zeigten allesamt normale Alterserscheinungen wie etwa verlangsamte neurologische Prozesse im Gehirn.

"Eine Wordle-Gewohnheit macht einen höchstwahrscheinlich nicht klüger oder kann die Alterung des Gehirns verlangsamen", urteilt Pexman. Durch sie erhalte man aber in einer Zeit, in der viele Leute sich abgekapselt von anderen fühlen, die Gelegenheit für eine gemeinsame Erfahrung und soziale Interaktion – all das gepaart mit einer täglichen Dosis einer komplexen Kognitionsaufgabe. "Das kann eine sehr gute Sache sein." (step, 30.01.2022)