Den Verfolgern bleibt der Blick in die vier Endschalldämpfer aus Titan, auf den Diffusor, den Heckspoiler. Auch auf der Bundesstraße im Kanaltal, als es ab in den Süden geht. Die vielen Führungskilometer sind dem Bemühen geschuldet, mit dem allradgetriebenen Raketengolf nicht groß aufzufallen, die zulässige Höchstgeschwindigkeit nur moderat zu überschreiten. Weshalb man in der Kolonne rollt. Oft ganz vorn. Ehe der Lieferwagen Druck macht, lenkt man nach rechts und lässt ihn ziehen.

Wirkt auf den ersten Blick wie ein ganz normaler Golf. Sieht man genauer hin, entdeckt man am R Clubsport
etliche zweckorientierte Elemente.
Foto: Stockinger

Zuvor wird der Red Bull Ring rechts liegen gelassen. Dort böte sich die Gelegenheit, das Potenzial auszuschöpfen, den Driftmodus zu aktivieren oder sich auf der Start-Ziel-Geraden der Höchstgeschwindigkeit von 270 km/h zu nähern. Der Testwagen ist mit dem R-Performancepaket ausgestattet, das Tempo wird elektronisch bei 270 km/h eingebremst, beim normalen R ist schon bei 250 km/h Schluss.

Foto: Stockinger

100 km/h erreicht er nach 4,7 Sekunden. Aus dem Stand. Rollt er und wird auf die Tube gedrückt, durchbricht er in gefühlten Millisekunden das jeweilige Tempolimit, und das ist nur leicht übertrieben. Der R kann sich wild aufführen. Und er kann unaufgeregt Golf sein. Im Comfortmodus schaltet das automatische DSG-7-Gang-Getriebe bei knapp über 1000 Umdrehungen hinauf, auf der Landstraße bleibt der Verbrauch deutlich unter sieben Litern. Hat der Chauffeur etwas vor sich, einen Lastwagen, steigt aufs Gas und lässt die Finger von den Schaltwippen, legt das Auto eine Nachdenkphase ein, ehe es zurückschaltet und sich nach vorn katapultiert. Im Sportmodus fackelt es nicht lange. Und wird die Racetaste gedrückt, wird gar nicht gefackelt.

Foto: Stockinger

Bei der Racetaste handelt es sich um einen Knopf am Lenkrad. Das ist erfreulich, spart das lästige Suchen und Tippen am Touchscreen. Im Racemodus grollt es aus den Rohren und dem Soundgenerator. Das Drehmoment von 420 Newtonmetern ist stets parat. Die 19-Zoll-Räder krallen sich in den Asphalt. Ganz ohne Schlupf. Beim Zurückschalten sorgen automatische Gasschübe für den idealen Anschluss. Die Fehlzündungen klingen spektakulär.

Aus dem Reisetagebuch: Pferd beäugt respektvoll 320-Pferde-Golf...
Foto: Zelsacher

Allein auf weiter Flur, in der Lagunenlandschaft bei Grado, wird einer von vielen Fotostopps dazu genützt, den Wagen so schnell wie möglich von 0 auf die erlaubten 90 zu jagen. Zirka. Viele Führungskilometer später in Kärnten, rund um den Weißensee, laden Einsamkeit auf der Strecke und kurzweilige Serpentinen dazu ein, Grenzen von Bremserei und Fahrwerk zu erforschen. Sie bleiben unerforscht.

...Golf sieht Rennstrecke aus dem Augenwinkel.
Foto: Zelsacher

Führungskilometer

Im Pustertal werden wieder Führungskilometer gesammelt, die Brennerautobahn wird von unten bestaunt, im malerischen Dorf Gschnitz am Ende des Gschnitztals am Morgen das Eis von den Scheiben gekratzt.

Gefrorenes Tirol
Foto: Zelsacher

Ein bisschen deutsche Autobahn muss sein, das diesbezügliche Eck drängt sich auf, obwohl die A8 von alters her keine gute Idee ist: oft zweispurig, viel Verkehr. Es gibt sogar eine limitlose Passage. Das erreichte Tempo wird verschwiegen. Kleiner Hinweis: Der Zweier-GTI aus den Achtzigerjahren mit seinen 112 PS, welchen man mehr als 20 Jahre lang sein Eigen nannte, schafft das locker.

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320 Pferde wohnen unter der Haube des Achter-R. Ziehen kann er nicht einmal eines. Für den Anhängerbetrieb fehlt die Zulassung. Das war echt nicht das Zuchtziel. (Benno Zelsacher, 6.2.2022)