Angustopila psammion ist aktuell die kleinste bekannte Schnecke an Land.
Foto: Senckenberg

Außergewöhnlich klein ist sie, die neu entdeckte Schneckenart mit dem Namen Angustopila psammion: Sie wurde in Höhlensedimenten aus Nordvietnam aufgespürt und dürfte aktuell die kleinste Landschnecke der Welt sein, berichtet das Senckenberg Forschungsinstitut in Frankfurt am Main am Montag. Mit einem Durchmesser von etwa einem halben Millimeter sei sie kleiner als ein durchschnittliches Sandkorn (diese haben eine Korngröße von 0,063 bis 2 Millimetern).

Für Fressfeinde ist die Minischnecke damit quasi unsichtbar. Wer es genau wissen möchte: Ihre Schalenhöhe kommt auf einen Durchmesser von 0,46 bis 0,57 Millimetern, die Schalenbreite beträgt 0,60 bis 0,68 Millimeter, berichtet eine Forschungsgruppe im Fachmagazin "Contributions to Zoology".

Zwerge unter sich

Damit unterbietet sie bisherige Rekorde, die im Jahr 2015 gleich zweimal aufgestellt wurden: Erst rief ein Forschungsteam in China mit Angustopila dominikae (einer Verwandten der nun entdeckten A. psammion) die kleinste Landschnecke aus (0,86 Millimeter an der dicksten Stelle), gut einen Monat später wurde diese abgelöst von Acmella nana, die auf der Insel Borneo zu Hause ist (0,5 bis 0,79 Millimeter).

Hier muss allerdings die Landschnecke betont werden: Im Wasser werden die Arten noch immer unterboten von Ammoniceras minortalis, die bisher in Kuba und an den Ostküsten Mexikos und der USA gefunden wurde. Sie ist nur 0,34 bis 0,46 Millimeter klein.

Ökologische Nische

Das evolutionäre Geheimnis der Schneckenart liege wohl darin, dass sie neue Nischen besetzen konnte, wo es noch genügend Platz und Nahrung gab. "Aufgrund ihrer Größe können sie sowohl in engen Räumen nach Nahrung suchen als auch Nahrungspartikel fressen, die für größere Tiere nicht interessant sind", sagte Adrienne Jochum, die am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt sowie der Universität Bern und am dortigen Naturhistorischen Museum tätig ist.

Fäkaler Schmuck

In der Veröffentlichung berichtet die Forschungsgruppe noch von einer anderen ungewöhnlichen Schneckenart, auf die sie in Nordlaos stießen. Die "Mistsammler"-Schnecke Angustopila coprologos ist mit 0,49 bis 0,58 Millimetern ebenfalls winzig klein und unterbietet den bisherigen Landschneckenrekord. Das Besondere: Sie schmückt ihr feines, porzellanartiges Gehäuse mit Kotkörnern, die in einem Muster aus radialen Linien angeordnet sind. Die Forschenden vermuten, dass die perlenförmig angeordneten Körner zur Tarnung oder Partnererkennung dienen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Körnchen wie eine Art Schwamm Feuchtigkeit konservieren und damit verhindern, dass die Schnecke austrocknet.

Die ebenfalls aufgespürte "Mistsammler"-Schnecke Angustopila coprologos legt zur Zierde Kotkörner an.
Foto: Senckenberg

Wie lange wird die aktuelle Rekordhalterin unter den Landschnecken wohl ihren Titel verteidigen können? Jochum geht zumindest davon aus, dass es wohl nicht viele kleinere Schnecken als die nun entdeckten gibt. Denn es brauche eine bestimme Anzahl von Nervenzellen, um die Schnecke funktionsfähig zu machen, und zudem sei ausreichend Platz in der Schale nötig – für mindestens ein Ei, damit sich die Tierchen fortpflanzen können. (sic, APA, 31.1.2022)