Vizekanzler Werner Kogler bei "Im Zentrum".

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Erfreut war der grüne Vizekanzler Werner Kogler keineswegs, als ihn Im Zentrum-Moderatorin Claudia Reiterer zum Sideletter befragte, dem bis vor kurzem geheimen, nun geleakten Nebenvertrag zum türkis-grünen Koalitionsabkommen. Von der Körpersprache her konnte man sogar sagen: Er wand sich, und dort, wo die Antwort einem Politiker wie ihm, der jahrelang für mehr Transparenz im Staate Österreich eingetreten ist, besonders unangenehm war, murmelte er und verschluckte Satzteile.

Denn es ist ja auch höchst genant, auf eine No-na-Frage wie "Wozu braucht es dann eigentlich Ausschreibungen?" antworten zu müssen, weil besagter Sideletter detaillierte grüne und türkise Vorschlagsrechte für diverse Spitzenjobs enthält, die in der Folge dennoch ausgeschrieben werden mussten. "Man kann schon darüber reden, wie man das in Zukunft per Gesetz anders rumdreht", sagte er, das letzte Wort nuschelnd.

Gute Figur macht man anders. Sollte also, wie die grüne Spitze mutmaßt, das An-die-Öffentlichkeit-Bringen des Geheimvertrags eine Racheaktion von Adepten des von Kogler mitgestürzten Ex-Kanzlers Sebastian Kurz sein: Diese Übung ist gelungen.

Augenöffnend war zudem, was Kogler zum Umgang mit politischen Inhalten im Sideletter sagte – etwa zum Passus über einen Kopftuchverbotserlass für Lehrerinnen, der bis dato nicht existiert. Die Vereinbarung sei von vornherein ein "Nullum" gewesen, man sei den Türkisen psychologisch entgegengekommen, erläuterte der Vizekanzler. Polittherapie für einen verfassungsrechtlich höchst fragwürdigen Plan? Eine Basis für zukunftsträchtige Politik ist so etwas sicher nicht. (Irene Brickner, 31.1.2022)