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Grundsätzlich gäbe es genügend Medikamente in Österreich, für die breite Versorgung fehlt allerdings noch ein System.

Foto: Reuters/Pfizer

Covid-Medikamente gibt es mittlerweile einige. Mit Paxlovid wurde letzte Woche ein weiteres von der EU-Arzneimittelbehörde EMA zugelassen. Die Verabreichung in der Praxis ist aktuell aber noch von vielen Hürden gezeichnet. Dabei seien Medikamente ein wichtiger Aspekt in der Pandemiebekämpfung, vor allem für multimorbide Risikopatientinnen und -patienten, erklärt Erwin Rebhandl, Präsident der Hausarztinitiative AM PLUS, am Montag in einem Hintergrundgespräch.

Er betont: "Die Impfung wird dadurch nicht ersetzt." Bei manchen verfehle diese aber ihre Wirkung – bei Menschen mit Organtransplantationen etwa, die häufig keine Antikörper bilden. Für sie sind Medikamente, die vor schweren Verläufen schützen, ein wichtiger Hoffnungsträger.

Erkrankungsphase für Wirkung entscheidend

Die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten hängen stark von der Phase der Erkrankung ab, erklärt Christoph Wenisch, Leiter der Infektionsabteilung an der Klinik Favoriten. Zu Beginn einer Corona-Infektion sei der Körper in einer viralen Abwehrphase. Das Virus dringt in den Körper ein und versucht sich auszubreiten. In dieser Phase müssen Medikamente antiviral wirken, also gegen das Virus vorgehen.

Nach etwa einer Woche erfolgt der Übergang in die sogenannte inflammatorische Phase. Medikamente müssen jetzt nicht mehr gegen das Virus vorgehen, sondern die dadurch ausgelösten Entzündungen lindern. Ein komplexes Thema – auch für Fachpersonal, wie der Infektiologe festhält: "Ärztinnen und Ärzte müssen sich jetzt intensiv damit auseinandersetzen und die Patientinnen und Patienten über Möglichkeiten aufklären."

Darüber hinaus seien die Medikamente essenziell, um die Überlastung der Spitäler zu verhindern: "Durch die Arzneimittel können Spitalsaufnahmen verhindert werden, weniger Betten werden belegt, die Krankenhäuser werden geschont." Die Medikamente seien schließlich hocheffektiv, das zeigen erste Daten. Das Medikament Molnupiravir des Pharmaunternehmen Merck etwa reduziert Hospitalisierungen und Todesfälle bei Covid-19-Infizierten aus der Risikogruppe mit anfänglich mildem bis moderatem Verlauf um 30 Prozent.

Nur: Ebendiese Patientinnen und Patienten müssen bei Infektion in kürzester Zeit identifiziert werden. Im Moment müssen Infizierte selbst aktiv werden, wenn sie Rat vom Hausarzt oder von der Hausärztin in Anspruch nehmen wollen. Dabei wäre es entscheidend, dass man nach einem positiven Test möglichst rasch jene Personen mit erhöhtem Risiko erreicht, appelliert Thomas Szekeres, Präsident der Österreichischen Ärztekammer.

"Die Gesundheitsbehörde gibt diese Information aber nur dem Bürgermeister, nicht dem behandelnden Arzt. Die Hausärztinnen und Hausärzte sollten aber möglichst eingebunden werden." Bisher sei das wohl am Datenschutz gescheitert, obwohl das Problem gut umgangen werden könne. Patientinnen und Patienten müssten lediglich einmal zustimmen, dass der Corona-Status mit dem Hausarzt oder der Hausärztin geteilt werden darf.

Breite Versorgung erst im Aufbau

Die Arzt-Patienten-Beziehung ist gerade bei so komplexen Themen wie neuen Medikamenten besonders essenziell. Weil die Einnahme der kürzlich zugelassenen Tabletten von gewöhnlichen Medikamenten abweicht, sei Aufklärungsarbeit dringend nötig. "Wenn Patienten hören, dass sie 30 oder 40 Tabletten in fünf Tagen einnehmen sollen, lehnen manche gleich ab", schildert Florian Thalhammer, Facharzt für Infektiologie an der Med-Uni Wien.

Die hohe Tablettenanzahl ist dem Zulassungsprozess geschuldet. Während Studien noch liefen, produzierten Hersteller parallel bereits Tabletten mit geringen Dosen, um bei Zulassung dann möglichst schnell auf dem Markt verfügbar zu sein. Das hat geklappt, grundsätzlich sei der Bedarf hierzulande gedeckt, weiß Gunda Gittler, Leiterin der Anstaltsapotheke der Barmherzigen Brüder in Linz. Der Bund kauft die Arzneimittel an, jeweils eine Spitalsapotheke pro Bundesland organisiert dann die weitere Verteilung.

Für die breite Versorgung fehle allerdings noch ein System, sind sich die Diskutierenden einig. Es brauche Richtlinien zur Identifizierung von Risikopatientinnen und -patienten, raschen Zugang zu Medikamenten für die Betroffenen und Sicherstellung einer entsprechenden Aufklärung zur adäquaten Einnahme. Aber noch seien wir in einer Pilotphase, bekrittelt Wenisch die Umsetzung in der Praxis: "Da kracht’s noch ordentlich!" (Magdalena Pötsch, 31. Jänner 2022)