Viel Kraft auf die Ski bringen wollen nicht nur Profisportelnde. Damit dabei nichts drückt, könnten Skischuhe künftig individuelle Sonderanfertigungen sein.

Foto: EPA / Jean-Christophe Bott

Der Skiurlaub ist gebucht. Vor Ort möchte man dann nicht nur die neuesten Ski ausleihen, um die Hänge runterzubrettern. Es sollen auch Skischuhe bereitstehen, die zu den eigenen Fahrgewohnheiten passen und keinesfalls drücken oder Blasen verursachen.

Also zückt man das Smartphone, filmt mit einer App die Füße von allen Seiten ab und ergänzt Informationen und Vorlieben, um den Kauf abzuschließen – und voilà: Bei Ankunft im Hotel stehen die maßgeschneiderten Skischuhe schon bereit. Sie sind keine Ware von der Stange, sondern tatsächlich Einzelstücke – gefertigt per 3D-Druck.

An dieser Vision wird im Rahmen eines Projekts an der FH Kufstein gearbeitet. Christian Schmid, FH-Professor für Produktentwicklung, arbeitet mit Kollegen und Studierenden sowie den Unternehmenspartnern Steinbach Alpin und Inno-Cube zusammen, um die Grundlagen für eine neue Generation von Skischuhen zu schaffen.

Als Einzelstücke sind bei diesen Produkten Faktoren wie Form, Materialkombination, Gewicht und Stabilität sowohl von Innen- als auch von Außenschuh individuell auf den Träger abgestimmt. Beide Elemente werden in 3D-Druckern aus verschiedenen Kunststoffen aufgebaut.

Maßanfertigung

"Oft ist es nicht optimal, wie beim Skifahren die Belastung auf die Füße wirkt. Man reagiert druckempfindlich und bekommt Scheuerstellen", skizziert Schmid. "Gleichzeitig gibt es unterschiedliche Nutzungsarten. Manche Skifahrer sind sportlicher und wollen härtere Schuhe, andere sind vielleicht eher komfortorientiert oder wollen die Problemzonen besser kompensiert haben."

Die Suche nach dem Skischuh, der alle Bedürfnisse und Vorlieben perfekt abbildet, kann heute recht zeitintensiv sein. Man muss sich informieren, klappert mehrere Händler ab und muss nach dem Kauf vielleicht den Innenschuh durch Erhitzen anpassen.

Genau diese Mühsal soll die 3D-gedruckte Maßanfertigung überflüssig machen. In einem Vorgängerprojekt haben sich die Forschenden bereits um den Außenschuh gekümmert. Die Prototypen, die schon auf der Piste erprobt wurden, bestehen aus mehreren Bestandteilen, die individuell gefertigt und danach miteinander verbunden werden. Im neuen Projekt steht nun der Innenschuh im Fokus.

Vielfalt an Materialien

Dabei kommen bei allen Bestandteilen 3D-Drucker zum Einsatz, die nach dem Prinzip des Fused Deposition Modelling (FDM) arbeiten, erklärt Schmid. Ein Kunststoffdraht wird dabei teilverflüssigt und durch eine Düse gepresst, um Schicht für Schicht ein Objekt aufzubauen. "Bei diesem Verfahren steht eine große Vielfalt von druckbaren Werkstoffen zur Verfügung – sehr harte und feste Materialien, die man für den Außenschuh einsetzen kann, aber auch gummiartige, flexible für den Innenschuh", sagt der Forscher.

Doch nicht nur die Materialien sind wichtig, auch die Art des Druckes ist relevant. "Die Füllung zwischen der äußeren und inneren Wand des Innenschuhs kann in verschiedenen Geometrien und Mustern ausgeführt sein. Sie definieren letztendlich den Härtegrad des Innenschuhs und passen ihn an das jeweilige Gewicht und Problemzonen an", sagt Schmid.

Ähnlich ist es beim Außenschuh. Dort bestimmt die Gestaltung der inneren Verstrebungen mit, ob ein Schuh hart und leicht oder weich und komfortabel ist. In jedem Fall muss die Schale duktil sein – sie muss sich also bei schweren Belastungen, die etwa bei Stürzen auftreten, verformen lassen, um nicht zu brechen.

Bis zur Marktreife des Ansatzes wird noch einige Zeit vergehen. Derzeit arbeiten die Forschenden etwa noch nicht mit Fußvideos, sondern mit einer Vielzahl an Einzelbildern, um die Fußform zu errechnen. Da Smartphones heute meist mehrere Kameras haben, können Bildinhalte im Zuge einer sogenannten Triangulation, also einer Nutzung der bekannten Position von zwei Kameras, genau verortet werden.

Tests und Optimierung

Gleichzeitig wird im Makers Lab der FH Kufstein eine Systematik an Druckmaterialien und -geometrien entwickelt, um Schuhe mit verschiedenen Eigenschaften gezielt herstellen zu können. Noch diesen Winter könnte es der erste Innenschuh-Prototyp auf die Piste schaffen. Einer Kommerzialisierung des Verfahrens muss allerdings noch eine langfristige Test- und Optimierungsphase vorausgehen. (Alois Pumhösel, 6.2.2022)