Landeshauptmann Wilfried Haslauer wird bei den Landtagswahlen 2023 mit großer Wahrscheinlichkeit noch einmal antreten.

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Der Salzburger ÖVP geht es gut. Eine im Jänner publizierte Umfrage der Bezirksblätter gibt den Türkis-Schwarzen an der Salzach in der Sonntagsfrage weit über 40 Prozent, ein sattes Plus von sechs Prozentpunkten gegenüber der Landtagswahl 2018. SPÖ und FPÖ sind in den Umfragen mit 18 beziehungsweise 13 Prozent weit abgeschlagen, die Koalitionspartner der ÖVP, Grüne und Neos, rangieren bei elf beziehungsweise sechs Prozent. Kommt es nicht zu einer vorzeitigen Auflösung des Landtages – und danach sieht es derzeit nicht aus –, wird im März 2023 gewählt.

Geht es der ÖVP in Salzburg wirklich gut? Zumindest aktuell liegen doch einige Schatten über der Partei von Wilfried Haslauer. Das Epizentrum der schwarz-türkisen Sorgen liegt aktuell in der zweitgrößten Stadt des Landes, in Hallein.

Die BMI-Chats

Da ist einmal die Causa Georg Angerer: Der Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung ist eine der zentralen Figuren in den sogenannten BMI-Chats. Seine Bestellung deute "auf eine massive Einflussnahme seitens der ÖVP auf Postenbesetzungen" hin, wie es die Neos in einer parlamentarischen Anfrage formulieren. Georg Angerer war auch Klubobmann der ÖVP im Halleiner Gemeinderat, diese Funktion musste er als Leiter des Verfassungsschutzes aufgeben, was er in den Chats mit dem langjährigen Kabinettschef im Innenministerium, Michael Kloibmüller, bitter beklagte und einen sozialdemokratischen Personalvertreter in der Polizei mit einem Kraftausdruck belegte.

Nun sollen alle Polizisten und Polizistinnen sowie Mitarbeiter des Innenministeriums ihren Mailverkehr mit Kloibmüller dem ÖVP-Untersuchungsausschuss des Nationalrates übermitteln. Für die Salzburger ÖVP könnte dies durchaus mit weiteren Enthüllungen enden: Immerhin war der heutige Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, damals Polizeichef von Salzburg. Ruf ist ebenfalls ein ÖVP-Mann, Wilfried Haslauer hat ihn in der Zeit der SPÖ-ÖVP-Koalition gegen den hinhaltenden Widerstand von Landeshauptfrau Gabi Burgstaller letztlich durchgesetzt.

Der Stadtamtsdirektor

Und da ist die Causa Erich Angerer: Der Bruder des oben genannten Polizisten war Stadtamtsleiter von Hallein. Er wurde nach schweren Vorwürfen (Geheimakten, NS-Liedgut am Dienstcomputer und anderes mehr) vergangenes Jahr suspendiert. Dem Vernehmen nach und einem unbestätigten Bericht der Kronen Zeitung zufolge dürfte Angerers Versuch, seine Suspendierung aufzuheben, vom Landesverwaltungsgericht nicht stattgegeben worden sein.

Für die Landes-ÖVP ist auch dieser Fall brisant, denn nun aufgetauchte Chats legen den Verdacht nahe, Angerer habe seine Funktion auch parteipolitisch und nicht nur im Dienst der Stadt verstanden. Mit in die Chats involviert: Landeshauptmannstellvertreter Christian Stöckl. Er war einst Bürgermeister von Hallein und soll dem während seiner Amtszeit installierten Stadtamtsleiter nach dem Wahlsieg der SPÖ im Jahr 2019 geraten haben, nur mehr Dienst nach Vorschrift zu machen.

"ÖVP moralisch reif für Opposition"

Die SPÖ attackiert die ÖVP jedenfalls mit für Salzburg ungewohnter Deutlichkeit: Die Partei um Landeshauptmann Haslauer sei "moralisch reif für die Opposition", sagt Landesparteichef Gerald Forcher. Dass es schon bald so weit ist, dürfte der SPÖ-Manager allerdings selbst nicht glauben: "Die Oppositionsrolle der ÖVP deckt sich vielleicht nicht mit den letzten Umfrageergebnissen, aber ich bin überzeugt, dass die Salzburgerinnen und Salzburger nicht damit einverstanden sind, wenn eine Partei das Bundesland als ihren Selbstbedienungsladen erachtet", sagt Forcher.

Die ÖVP selbst ist beim Thema BMI-Chats und vor allem beim Thema Hallein in die Defensive geraten. Vorerst einmal beschränkt man sich auf die Frage, wie denn die Daten vom Dienstcomputer des ehemaligen Stadtamtsdirektors an die Öffentlichkeit gelangen konnten – und kündigt nicht näher definierte rechtliche Schritte an.

Der Europark

Ein ganz anderes Kapitel – aber für die ÖVP ebenfalls unangenehm – ist die vom Spar-Konzern, der ja seinen Sitz in Salzburg hat, seit Jahren betriebene Erweiterung des Europark. Das Vorzeige-Einkaufszentrum von Spar soll um rund 8.500 Quadratmeter vergrößert werden; aktuell liegt die Verkaufsfläche bei rund 36.000 Quadratmetern. Nach offizieller Lesart scheitert das Vorhaben allein an den Grünen. Landeshauptmannstellvertreter Heinrich Schellhorn hat die Standortverordnung nicht unterschrieben. Die Grünen argumentieren mit dem Schutz kleiner Kaufleute in und rund um die Stadt.

Diese offizielle Lesart ist freilich nicht die ganze Wahrheit. Denn die Stadt Salzburg könnte problemlos aus eigenem Antrieb den Standort des Europark im Stadtteil Taxham als Ortskern ausweisen. Mit Post, Polizei, Apotheke, Gastronomie und anderem mehr hat der Europark so ziemlich alle Voraussetzungen. Hier dräut ein innerparteilicher Konflikt, hier steht die ÖVP selbst auf der Bremse: Die Stadt-ÖVP – und hier vor allem der Wirtschaftskammerfunktionär und Gemeinderatsklubobmann Christoph Fuchs – hat sich bisher immer vehement gegen die Vergrößerung des Einkauftempels am Stadtrand ausgesprochen; beim ersten Versuch einer Ortskernausweisung vor über 15 Jahren hat die ÖVP auch dagegen gestimmt.

Die Mönchsberggarage

Eine weitere Baustelle – auch im Sinn des Wortes – ist der geplante Ausbau der Altstadtgarage im Salzburger Mönchsberg auf knapp 2.000 Stellplätze. Die erforderlichen Bewilligungen liegen vor, und wenn nicht doch noch der Verwaltungsgerichtshof eine Umweltverträglichkeitsprüfung einfordert, soll noch heuer mit dem Bau begonnen werden. Die Aussicht, mitten im Landtagswahlkampf im Stadtzentrum eine Großbaustelle mit allen dazugehörenden Auswirkungen von tausenden zusätzlichen Lkw-Fahrten, Straßensperren, weiträumigen Umleitungen und Staus zu haben, begeistert nicht alle in der ÖVP. "Für die Wahlbewegung in der Stadt kann der Ärger über so eine Baustelle Gift sein", sagt ein Werbefachmann im STANDARD-Gespräch.

Komme es dann auch noch zu Aktionen von Anrainern und Anrainerinnen oder Umweltschutzaktivisten und -aktivistinnen, könne der Wahlkampf eine aus Sicht der ÖVP nicht gewünschte Dynamik entwickeln. "Bilder wie aus der Wiener Lobau kann im Wahlkampf gerade die Regierungspartei nicht brauchen." (Thomas Neuhold, 2.2.2022)