Das hat seine Schatten vorausgeworfen – nach Kritik am Zeitpunkt der Lockerungsschritte des Bundes kündigte Stadtchef Michael Ludwig an, nicht alle Öffnungen umzusetzen: In Wiens Lokalen bleibt 2G. Michael Binder vom Gesundheitsverbund verwies auf den Anstieg der Mutante BA.2.

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Vor einer Woche, als die Bundesregierung weitreichende Lockerungsschritte verkündete, zeigte sich Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) noch verärgert. Angesichts der Rekordzahlen an Infektionen sei es "der falsche Zeitpunkt, um Lockerungsschritte anzukündigen", twitterte der Stadtchef. Am Donnerstag ließ Ludwig nach einem weiteren Gespräch mit einer Expertenrunde trotz seiner Kritik wissen: Wien trägt den Großteil der Öffnungen mit.

So wird auch in Wien ab 5. Februar die Sperrstunde von 22 auf 24 Uhr nach hinten verschoben. Er sei "immer skeptisch" gewesen, ob die Vorverlegung viel bringe, sagte Ludwig. Insofern sei die Wiener Zustimmung zu dieser Lockerung leicht gefallen. Die 2G-Regel im Handel wird ab 12. Februar bundesweit fallen, auch in Wien gilt dann nur noch FFP2-Maskenpflicht in allen Geschäften. Das betrifft auch weitere Bereiche wie körpernahe Dienstleister oder Hotels.

Auf den dritten Öffnungsschritt am 19. Februar wird in Wien aber verzichtet: In der Gastronomie bleibt – anders als im Rest Österreichs – die 2G-Regel vorläufig erhalten. In Lokale gibt es für Ungeimpfte oder für jene, die keinen gültigen grünen Pass oder ein Genesungszertifikat besitzen, weiterhin keinen Zutritt. In den anderen Bundesländern wird auf 3G erhöht: Neben Geimpften und Genesenen können in rund zwei Wochen auch wieder Getestete in Restaurants gehen. Neben einem PCR-Test (maximal 48 Stunden alt) sind auch Antigentests erlaubt, diese gelten 24 Stunden.

Kritik an Regierung wegen 3G und gleichzeitiger Impfpflicht

Die strengeren Maßnahmen in der Gastronomie begründete Ludwig damit, dass man einerseits nicht die Bemühungen zur Steigerung der Impfquote konterkarieren wolle. Andererseits werde in der Gastronomie – anders als im Handel – nicht ständig Maske getragen. Zudem kritisierte Ludwig Türkis-Grün für das 3G-Modell bei gleichzeitiger Impfpflicht: "3G und Impfpflicht muss man intellektuell auch mal auf die Reihe bringen. Aber das ist nicht meine Aufgabe als bescheidener Wiener Bürgermeister."

Die Lockerungen in den Schulen werden aber mitgetragen. So fällt nach den Wiener Semesterferien am 14. Februar in den Volksschulen die Maskenpflicht am Sitzplatz. Im Turnunterricht fällt die Maske ab 7. Februar bundesweit weg.

Situation in Spitälern "beherrschbar, aber schwierig"

"Die Pandemie ist nicht vorbei", warnte Ludwig. Auch bei Omikron gebe es schwere Verläufe. In den Spitälern sei zudem – auch wegen Ausfällen beim Personal – keine Rede von einer spürbaren Entlastung. Die Situation sei "beherrschbar, aber schwierig". Michael Binder, medizinischer Direktor des städtischen Gesundheitsverbunds (Wigev), hielt fest: "Omikron ist noch immer deutlich gefährlicher als eine saisonale Grippe."

Weiter mehr Aufnahmen als Entlassungen

Es gebe weiterhin mehr Aufnahmen als Entlassungen in den Spitälern. Man habe bei der Schnelligkeit der Zunahme der Neuinfektionen zuletzt aber ein Abflachen registriert. Dennoch werde Wien bald 500 Patientinnen und Patienten in Corona-Normalbetten haben. Die Belegung auf Intensivstationen sei weiter stabil. Die große Unbekannte sei die Omikron-Variante BA.2.

Aktuell seien bereits 15 Prozent der Infektionen in Wien auf diese Mutation zurückzuführen, die Verdoppelungsrate betrage eine Woche. Binder verwies auf Dänemark, das Österreich einen Monat im pandemischen Geschehen voraus sei: Dort seien es schon mehr als 50 Prozent. Binder: "Wir gehen davon aus, dass das in Österreich nicht anders sein wird." Was Binder nicht dazusagte: Dänemark verabschiedete sich Anfang Februar von fast allen Corona-Beschränkungen – und das bei einer aktuell doppelt so hohen Inzidenz wie in Österreich.

Wien will PCR-Teststrategie fortsetzen

Um einen guten Überblick über Mutationen zu haben und Infektionsketten erkennen zu können, sollen die Wiener PCR-Massentests laut Ludwig erhalten bleiben. Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sprach sich hingegen für weniger Tests aus, die auch kostenpflichtig werden sollen. Ludwig hält davon nichts: Er drängt darauf, die PCR-Testmöglichkeiten in anderen Bundesländern zu verstärken (David Krutzler, 3.2.2022)