Nur für die Finanzindustrie oder auch für Privatanleger – für wen sollen die steuerlichen Vergünstigungen für Kursgewinne von Wertpapieren gelten?

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Wien – Die von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) ins Spiel gebrachten Änderungen bei der Wertpapier-KESt bekommen eine neue Wendung. Offenbar soll es nun weniger um eine Befreiung von Kursgewinnen nach einer Behaltedauer für Privatpersonen gehen, wie es bis 2012 der Fall war. Dafür sprechen sich zumindest Vertreter der heimischen Finanzbranche aus, denen eine Steuerbegünstigung für selbst investierende Menschen offenbar kein großes Anliegen ist. Vielmehr soll das von Brunner in Aussicht gestellte Steuerzuckerl nur für Alters- und Pflegevorsorge gelten.

Gleich zu Beginn einer Online-Podiumsdiskussion erteilte Finanz- und Steuerrechtsprofessorin Sabine Kirchmayr-Schliesselberger von der Universität Wien der Rückkehr zum alten System vergangene Woche eine Absage. "Das halte ich für Nonsens", sagte sie unter Verweis darauf, dass man normalen Lohnsteuerzahlern eine Steuerfreiheit auf Veranlagungsgewinne nur schwer erklären könne. Sie spricht sich dafür aus, die im Raum stehende Steuerfreiheit mit einer Altersvorsorge zu koppeln.

Auch für Pflegevorsorge

Sollte die Wertpapier-KESt für Vorsorgeprodukte ab einer bestimmten Mindestbehaltefrist fallen, sollte dies auch die Pflegevorsorge umfassen, forderte Dietmar Rupar, Geschäftsführer des Fondsverbands VÖIG. Dies könne die Bevölkerung dazu animieren, vermehrt von ertragreicheren Produkten zu profitieren. Weil Aktieninvestments in Österreich nicht stark verbreitet seien, vermehre sich das Geldvermögen langsamer als in anderen Ländern. Rupar zufolge waren an der Wiener Börse in den vergangenen zehn Jahren mehr als acht Prozent an jährlicher Rendite zu lukrieren, an der Wall Street gar 14 Prozent pro Jahr.

Auf die Gleichbehandlung verschiedener Modelle pochte Wiener-Städtische-Vorstand Manfred Bartalszky. Wenn es zu einer Wertpapier-KESt-Befreiung für die Altersvorsorge komme, müsste auch die vierprozentige Versicherungssteuer aliquot nach unten angepasst werden, sagte er. Zudem kann er sich auch eine Steuerfreiheit für nachhaltige Fonds vorstellen. Problematisch kann für Bartalszky dabei allerdings werden, dass man nachhaltige Investments in fünf Jahren vielleicht anders definieren werde.

Anreiz für junge Menschen

Auch Dominik Bernhofer, der in der Arbeiterkammer Wien die Steuerrechtsabteilung leitet, will nicht zurück zum generellen Aus für die Wertpapier-KESt auf Kursgewinne nach einer Behaltedauer. Allerdings hält er auch bei Vorsorgeprodukten eine Steuerfreiheit erst zu Pensionsantritt für zu spät, um besonders von jungen Menschen als Anreiz wahrgenommen zu werden.

Bis 2012 waren sämtliche Kursgewinne nach einjähriger Behaltefrist von der Wertpapier-KESt von 27,5 Prozent befreit. Bei einer Rückkehr zu diesem Modell sind auch längere Fristen denkbar oder ein jährlicher Freibetrag – womit der Vorwurf, Reiche zu begünstigen, zu entkräften wäre. (aha, 5.2.2022)