Stadlober (re) musste sich im Sprint um Silber nur knapp der Russin Neprjajewa geschlagen geben.

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Bei den ersten drei Medaillengewinnerinnen der XXIV. Winterspiele dabei: Teresa Stadlober (re).

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Ein emotionaler Moment.

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Zhangjiakou/Peking – Mit so einem Auftakt in die XXIV. Olympischen Winterspiele haben die österreichischen Sportfans, und auch Teresa Stadlober selbst nicht gerechnet. Bronze im Skiathlon zum Start der Langlaufbewerbe war gerade diesmal nach einer suboptimalen Vorbereitung der Salzburgerin mit der späten Anreise nicht zu erwarten. Die Freude war dafür größer, ja fast unbeschreiblich. Die 29-Jährige übertrumpfte damit Rang sechs von Maria Theurl über 30 km bei den Spielen 1998 in Nagano deutlich.

"Ein Traum ist wahr geworden. Es ist eine große Genugtuung", sagte Stadlober irgendwann inmitten eines Marathons an Interviews, an dem auch viele ausländische Medienstationen teilhaben wollten. Zu präsent war noch ihr Lapsus in ihrem davor letzten Rennen, als sie 2018 auf Silberkurs liegend falsch abgebogen und dann nur Neunte geworden war. "Danach habe ich zu mir gesagt, es kommen wieder Rennen und wieder Chancen. Und heute war die Chance da und ich habe sie genutzt."

Große Hürden

Natürlich sei sie auch mit den Rängen vier und fünf bei den Weltmeisterschaften 2021 in Oberstdorf sehr zufrieden gewesen. "Aber irgendwie hat die letzte Genugtuung gefehlt. Weil du arbeitest auf die Medaille hin und im Sport zählt nur die Medaille", betonte Stadlober. "Wenn du schon so lange dabei bist und so oft knapp dran warst, dann willst du es einmal schaffen. Und irgendwann muss es dir einmal aufgehen. Dass es heute aufgegangen ist, ist einfach ein Wahnsinn."

Die schweren Beine von der späten Anreise erst zur Wochenmitte hatte sie am Freitag in einem schnellen Training zwar schon ab- bzw. ausgeschüttelt, dennoch habe sie sich am Morgen des Rennens nicht gut gefühlt. Die Zeitunterschied zu Österreich von sieben Stunden mache sich noch bemerkbar. "Ich habe mit der Müdigkeit gekämpft. Der Vormittag ist für mich noch echt hart, aufzustehen und in die Gänge zu kommen. Da merke ich die Zeitumstellung noch."

Während des Rennens habe sie dann keine Gedanken an die Vorkommnisse im 30er von Südkorea verschwendet, dazu sei keine Zeit gewesen. Auf dem 7,5-km-Part im klassischen Stil krallte sie sich in bekannter Manier an der von der späteren Siegerin Therese Johaug fest, hinter ihr brach die Läuferinnen nach und nach weg. Zur Renn-Halbzeit kam sie mit einem Abstand zur Siebenten als Sechste in die Wechselzone, in der sie dann aber Zeit verlor und es als Siebente ins Skating ging.

Drama beim Ski-Wechsel

"Ich habe die Bindung vom Skating-Ski nicht zugebracht", verriet die dreifache Olympia-Teilnehmerin. "Wenn es so extrem kalt ist, dann ist es bei der Bindung auch nicht so geschmeidig. Zuerst habe ich geglaubt, ich bekomme die Bindung gar nicht mehr zu." Dann doch, und recht schnell schloss sie in ihrer etwas schwächeren Stilart zur Gruppe ab Rang zwei wieder auf. "Skating ist es mir richtig gut gegangen. Und dann habe ich mir gedacht, jetzt könnte es um eine Medaille gehen."

Von der starken Schwedin Ebba Andersson fühlte sie sich gar aufgehalten und ging vorbei, um im Kampf um die Podestplätze zu bleiben. Ein wenig fürchtete sie mit der sprintstarken Frida Karlsson eine andere Schwedin im Nacken, in der letzten Kurve vor dem Ziel war sie sich ob deren großen Rückstands dann aber recht sicher. "Da habe ich mir gedacht, noch einmal alles geben, das muss sich ausgehen." Nur 0,3 Sekunden fehlten schließlich auf die Russin Natalja Neprjajewa.

Starkes Material

Papa Alois Stadlober, wie gewohnt als ORF-Co-Kommentator mehr als live dabei, habe sie dann schon bald im Ziel getroffen, gemeinsam haben sie daheim Mutter Roswitha Stadlober, die ÖSV-Präsidentin, angerufen. "Luis hat mir gleich im Ziel gratuliert", vergaß sie ihren Bruder nicht, als Ski-Tester vor Ort. Und auch die Serviceleute bekamen ihren Dank. "Wir haben Wahnsinnsmaterial gehabt. Der Skating-Ski war unvorstellbar, die haben sich reingehaut bei den Verhältnissen."

Österreichs erste weibliche Olympia-Medaillengewinnerin im Langlauf hatte nach der Zieldurchfahrt etwas gebraucht, um das Erreichte zu begreifen. "Du kommst ins Ziel und freust dich, dann musst du das erst realisieren. Dann habe ich mich umgezogen, dann immer wieder geweint. Du checkst es am Anfang eigentlich gar nicht. Und dann so viele neue Sachen, die "Flower Ceremony", so etwas bin ich ja nicht gewohnt." Die Siegerehrung ist für Sonntag (12.30 Uhr MEZ) angesetzt. (APA, red, 5.2.2022)

Langlauf, Frauen, Skiathlon (7,5 km klassisch/7,5 km Skating):

1. Therese Johaug (NOR) 44:13,7 Min.
2. Natalia Neprjajewa (ROC) +30,2 Sek.
3. Teresa Stadlober (AUT) +30,5
4. Kerttu Niskanen (FIN) +36,1
5. Frida Karlsson (SWE) +42,5
6. Jessie Diggins (USA) +50,5
7. Krista Pärmakoski (FIN) +58,4
8. Anastasia Rygalina (ROC) +1:17,2 Min.
9. Delphine Claudel (FRA) +1:17,8
10. Ebba Andersson (SWE) +1:27,6

Österreichs bisherige Olympia-Medaillengewinner im Langlauf:

GOLD (1): 2002 Salt Lake City: Christian Hoffmann (30 km Massenstart Skating)

SILBER (2): 1998 Nagano: Markus Gandler (10 km klassisch) 2002 Salt Lake City: Michail Botwinow (30 km Massenstart Skating)

BRONZE (3): 1998 Nagano: Christian Hoffmann (50 km Skating) 2006 Turin: Michail Botwinow (50 km Massenstart Skating) 2022 Peking: Teresa Stadlober (15 km Skiathlon)

Steckbrief Teresa Stadlober (29)

Geboren: 1. Februar 1993 in Schladming
Wohnort: Radstadt/Salzburg
Größe/Gewicht: 1,68 m/52 kg
Familienstand: ledig Verein: SC Radstadt
Hobbys: Sport, Musik, Freunde

Größte Erfolge:

Olympia: Bronze Skiathlon 2022 Peking

7. Skiathlon 2018 Pyeongchang, 9. 30 km klassisch Massenstart und 10 km Skating 2018

WM: 4. Skiathlon 2021 Oberstdorf, 5. 30 km klassisch 2021, 6. Skiathlon 2017 Lahti, 8. 30 km Massenstart Skating 2017, 8. 30-km-Massenstart und 10 km klassisch 2019 Seefeld

Weltcup: 2. und 3. bei Etappen Tour de Ski 2017/18; 3. Skiathlon Oberstdorf 2019/20; Gesamt-Achte 2017/18

Tour de Ski: Gesamt-5. 2017/18, 7. 2021/22

Junioren-WM: Gold Skiathlon u. Silber 5 km Skating Liberec 2013

U23-WM: Bronze Skiathlon Val di Fiemme 2014

Reaktionen:

Olympiasiegerin Therese Johaug: "Sie hatte Covid nach Weihnachten. Ich bin so beeindruckt von ihr, dass sie hiergekommen ist und Bronze gewonnen hat. Es bedeutet viel für Österreich und für Teresa – Teresa und Therese – das ist gut!"

Biathlet Simon Eder: "Man kennt ihre Geschichte, es war ein kleines Drama vor vier Jahren. Ich glaube, sie kann jetzt besser schlafen, so ist es zumindest mir gegangen mit der ersten Einzelmedaille. Das soll sie ab jetzt nimmer stören. Gratuliere Teresa."

Biathlon-Weltmeisterin Lisa Hauser: "Es ist brutal, ich hab jetzt fast 'rean' angefangen, weil es so richtig schön ist. Mit der Teri verbindet mich doch einiges, wir sind im gleichen Jahrgang. Wir sind im Kinder- und Jugendalter schon gegeneinander gelaufen, uns verbindet jetzt eine echte Freundschaft. Dass wir zwei für Österreich – zwei so junge Damen – im Weltcup Fuß fassen können haben, da ist die Verbindung echt sehr groß. Ich will das nicht wieder aufwärmen, aber ich weiß noch, in Pyeongchang, als sie sich da verfahren hat, da war ich schon daheim bei meinen Eltern und hab beim Frühstück vor dem Fernseher 'rean' anfangen müssen. Umso mehr vergönne ich es ihr jetzt. Das ist einmalig und eine Spitzenleistung."