Im Gastblog geht der Autor Christian Kreil der Plattform "Einheit.at" nach.

Wenn fünf Unternehmer an einem Tisch sitzen und betrübt schauen, dann droht ein Knick in der Kurve mit den Umsätzen oder ein Spalt in der Gesellschaft. Die Vorarlberger Unternehmer am Tisch machen sich Sorgen um die viel zitierte "Spaltung" der Gesellschaft in Ungeimpfte und Geimpfte. In ihren Unternehmen wollen sie dieses böse Spiel nicht mitmachen.

Dieser Kalauer: Die "Diskriminierung Gesunder"

Die Forderung nach einem Ende der „Diskriminierung Gesunder" stand im November des Vorjahrs in einem Inserat, für das eine Reihe Unternehmen Geld springen ließ. Kurz darauf wurde in Vorarlberg die Initiative "Einheit.at" aus der Taufe gehoben. Man bezeichnet sich als "Unternehmer für die freie Impfentscheidung", fordert eine "Aufhebung aller G-Regeln" und will die "Spaltung von Belegschaften nicht akzeptieren".

Man rührt die Werbetrommel, sich als Unternehmen mit seinem Logo auf der Webseite zu registrieren. Das Logo von "Einheit.at" zeigt einen freundlichen und festen Händedruck. Wer will da nicht dabei sein, bei dieser versöhnlichen und unverfänglichen Geste im Netz? Gut 7.000 Unternehmerinnen und Unternehmer haben sich bislang registriert. Für ein "bedingungsloses Miteinander", das steht auf der Webseite. In den Protokollen der Initiative und diversen Materialien (die für alle Registrierten zugänglich sind), da werden freilich andere Töne angeschlagen.

Das Logo der Plattform suggeriert Zusammenhalt, ein Miteinander.
Screenshot: DerStandard

Unternehmen geben Ratschläge für Zoff beim Einkauf

Der übliche Kram mit Schlagseite nach rechts findet sich in den Mitschriften: Ein Hinweis auf einen Auftritt des von der Meduni Wien geschassten Querdenk-Professors Andreas Sönnichsen im rechten Internet-Kanal "Auf1", ein Link zu "FPÖ-TV"; Hinweise auf die Demotermine der Szene; Briefvorlagen an die Wirtschaftskammer und an den Bundespräsidenten, den man zum Beistand im Kampf gegen die "Apartheid" auffordert; Rechtshilfehinweise für Impfverweigerer; ein Aufruf, der Impfgegnerpartei MFG in Graz bei der Suche nach einem Büro zu helfen - das sind die harmloseren Dinge. Aber es gibt auch Ratschläge, wie man als Ungeimpfter beim Einkaufen Zoff machen kann. Das Protokoll der Unternehmer im Auftrag der Menschlichkeit am 24. Jänner empfiehlt: "Bei 2G Kontrollen könnt ihr die Geschäfte darauf hinweisen, dass wenn sie auf die Kontrolle bestehen, ihr nie wieder in diesem Geschäft etwas kauft." 

Unternehmerische Freude am Lahmlegen Österreichs?

Im Protokoll vom 31. Jänner werden die "Austrian Freedom Convois" am 7. und 11. Februar beworben. Die Querdenker-Szene träumt seit geraumer Zeit, mit groß angelegten Straßen-Blockaden Österreich lahmzulegen und die Regierung zu stürzen.

Zahlreiche Hinweise der Initiatoren von "Einheit.at" führen zu Videos, Büchern und Aktivisten der Querdenkerszene. Ein Link führt uns zur deutschen Rechtsanwältin und Autorin Beate Bahner, einem juristischen Superstar der Querdenker- und Impfgegnerszene Deutschlands. In einem ihrer Pamphlete befand die Juristin, dass Maßnahmen während eines Lockdowns "nur mit der ungeheuerlichen Verfolgung und Ermordung der Juden und weiterer Bevölkerungsgruppen im Dritten Reich vergleichbar" seien. 

Empfohlener Link führt zu antisemitischer Medizinsekte

Das Protokoll vom 31. Jänner verweist auf die Webseite "Ungeimpft-Gesund". Dahinter steht Daniel Stoica. Der Burgenländer ist von Beruf Elektriker und fühlt sich berufen, die "Neue Germanische Medizin" zu propagieren. Diese Medizinsekte wurde von dem im Jahr 2017 verstorbenen Mediziner Ryke Geerd Hamer kreiert. Sie geht im Wesentlichen davon aus, dass Impfungen und Chemotherapien eine teuflische Waffe der Juden seien, um damit die ehrlichen, aber etwas naiven und nicht-jüdischen Völker aus dem Weg zu räumen.

Stoica selbst sagt, dass "Impfungen noch nie etwas gebracht haben." Vor ein paar Jahren engagierte sich Stoica auch politisch: Im "Staatenbund Österreich", einem Verein der heimischen Staatsverweigererszene, deren Führungsgilde ihre Staatsgründungs-Fantasien derzeit großteils "im Schmalz" ausleben muss. 

Unternehmen werden mit dem "Miteinander" geködert

Das Marketing von "Einheit.at" ist professionell und offensiv. Wohlklingende Worte rund um den "Zusammenhalt" werden betont, die Hintergründe geschickt versteckt. Ein Hotelier (der nicht genannt werden will) fühlt sich überrumpelt. Mit dem Hinweis auf ein "Miteinander" sei er von einem Bekannten überredet worden, sich auf "Einheit.at" zu registrieren. Groß hinterfragt habe er das nicht, Miteinander klinge doch gut. Nachdem sich kurz darauf Anfragen häuften, ob man in seinem Haus eh auf die 2G-Regel verzichte, hat der Hotelier seinen Eintrag auf "Einheit.at" umgehend löschen lassen.

Da freut sich Friedrich Engels: Auch sein (fiktiver) "Engelsshop" macht sich für die "Einheit" stark
Screenshot: Christian Kreil

Dass die Redaktion der Webseite noch Lehrgeld zu zahlen hat beim Check der Einträge, zeigt ein Unternehmen aus Steyr. Ein "Engelsshop", den es nicht gibt, hat eine Unternehmensadresse angegeben, die es nicht gibt und ein Logo mitgeschickt, das einen ganz besonderen Engel zeigt. So lacht seit ein paar Tagen Friedrich Engels von der Webseite "Einheit.at". (Christian Kreil, 10.2.2022)     

Christian Kreil bloggt rund um Esoterik, Verschwörungsplauderei und Pseudomedizin. 2021 erschien sein Buch "Fakemedizin".

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