Für Comicaffen wie diesen zahlen Investoren sechsstellige Beträge.

Foto: Bored Ape Yacht Club

Wer sich in den vergangenen Monaten im Social Web herumgetrieben hat, der wird sie nicht übersehen haben: Comiczeichnungen von Affen, die besonders gelangweilt dreinschauen. Diese Affen sind Teile eines Kunstprojekts, dem Bored Ape Yacht Club (BAYC). Und das klandestine Verhalten der Gründer hinter diesem Projekt wirft nun Fragen dazu auf, inwiefern sich Unternehmen des Blockchain-Business auch an die Regeln der Old Economy halten müssen.

Was ist der Bored Ape Yacht Club?

Doch eines nach dem anderen. Was ist der BAYC eigentlich? Es handelt sich dabei um Zeichnungen von gelangweilten Affen, die sich individuell von einander unterscheiden. Jede dieser Zeichnungen ist als sogenanntes Non-Fungible Token (NFT) auf der Blockchain hinterlegt und kann käuflich erworben werden.

Eine kurze Erklärung für Laien an dieser Stelle: "Tokens" sind quasi virtuelle Jetons, die gehandelt werden können und auf der Blockchain gespeichert werden. Die Blockchain wiederum kann man sich als eine digitale Kette vorstellen, bei der Blöcke an Informationen aneinander gereiht werden. Da jeder Block den vorherigen abschließt, sind die vorherigen Blöcke jeweils nicht mehr veränderbar: Somit lassen sich zum Beispiel Eigentumsverhältnisse gut in der Blockchain festhalten.

Den Begriff "non-fungible" erklärt man am Besten folgendermaßen: Borge ich mir von einem Freund zehn Euro aus, so kann ich ihm diesen Betrag auch später in zwei Fünf-Euro-Scheinen zurückgeben – denn Währungen sind fungibel, also teilbar und in verschiedenen Formen darstellbar. Borge ich mir hingegen von einem Freund einen Picasso aus, so kann ich ihm nicht anschließend zwei meiner eigenen Handzeichnungen zurückgeben: Denn das Picasso-Kunstwerk ist einzigartig.

Der BAYC als Beispiel für den NFT-Hype

Nicht verwunderlich also, dass das Konzept der NFTs vor allem auf dem Kunstmarkt Anwendung findet. Berichte über mehr oder weniger kreative Werke, die für horrende Summen verkauft werden, gab es zuletzt zuhauf – und gerade der BAYC gilt hier als ein prominentes Beispiel.

So werden die günstigsten Exemplare der Comicaffen um über 280.000 Dollar gehandelt, die gesamte Kollektion aus 10.000 einzelnen Zeichnungen kommt auf eine Marktkapitalisierung von 2,8 Milliarden Dollar. Paris Hilton besitzt ein derartiges Kunstwerk und hat dafür 300.000 Dollar auf den Tisch gelegt. Jimmy Fallon, Host der "Tonight Show", hat für seinen Affen 216.000 Dollar gezahlt.

Yuga Labs, das Unternehmen hinter dem BAYC, verhandelt derzeit Berichten zufolge mit dem Risikokapitalgeber Andreessen Horowitz über ein Investment, welches den Unternehmenswert auf fünf Milliarden Dollar klettern lassen würde. Yuga Labs verdient nicht nur mit dem einmaligen Verkauf der Kunstwerke, sondern erhält auch bei jedem Weiterverkauf 2,5 Prozent des Kaufpreises – auch das wird über die Blockchain-Technologie ermöglicht.

Geheime Identitäten der Bored Ape-Gründer

Dabei hielten sich die Gründer des Bored Ape Yacht Club immer aus der Öffentlichkeit zurück und traten lediglich unter ihren Pseudonymen auf – was auch deswegen polarisierte, weil das Projekt mit diversen Vorwürfen konfrontiert ist. So sehen manche Beobachter in den Affen die Verwendung rassistischer Stereotype. An anderer Stelle heißt es, dass die ursprünglichen Künstlerinnen und Künstler hinter den digitalen Zeichnungen nicht ausreichend bezahlt worden seien.

Ein Redaktionsteam des US-Mediums Buzzfeed hat die Identität der Gründer über Umwege nun ausfindig gemacht. Demnach handelt es sich dabei um den 32-jährigen Greg Solano und den 35-jährigen Wylie Aronow, die bisher unter den Pseudonymen "Gordon Goner" und "Gargamel" auftraten. Während ihrer gemeinsamen Zeit in Florida kamen sie auf die Idee einer NFT-Kollektion rund um eine Gruppe aus Affen, die in einem Clubhaus gemeinsam abhängen.

Keine Transparenz...

Die bisherige Anonymität der beiden Gründer wirft jedoch auch die Frage auf, wie anonym und intransparent derartige Projekte sein dürfen – vor allem, wenn es sich dabei um ein potenzielles Milliardengeschäft handelt. So sind börsennotierte Konzerne an diverse Vorgaben, etwa jene der Börsenaufsicht, gebunden. Und auch für KMU gelten äußerst strenge Regeln in Bezug auf Eintragungen im Firmenbuch und etwaige Kammermitgliedschaften. Bei Geschäften mit einer Bank ist diese verpflichtet, diverse KYC-Vorgaben ("know your customer") einzuhalten.

Werden diese Regeln nicht eingehalten, so schafft dies Potenzial für etwa Geldwäsche oder andere kriminelle Machenschaften. Auch möchten Investoren gerne wissen, mit wem sie Geschäfte eingehen – hat ein Geschäftspartner etwa einen kriminellen Hintergrund oder Verbindung zu politischem Extremismus, so überlegt man sich vermutlich zweimal, ob man dieser Person Geld geben möchte.

...oder eine andere Form der Transparenz?

Auch Alfred Taudes, Institutsvorstand am Forschungsinstitut für Kryptoökonomie der WU Wien, sieht im Gespräch mit dem STANDARD Betrugsgefahr in der Tatsache, dass die eigentliche Identität in der Blockchain nicht überprüft wird – dementsprechend könne theoretisch jedermann ein digitales Bild klauen, als sein eigenes ausgeben und somit als NFT verkaufen. Umso interessanter seien NFT-Projekte wie jene des Belvedere, bei denen eine anerkannte Institution hinter dem Projekt steckt.

Zugleich ist es so, dass Identitäten in der Blockchain dadurch nachgewiesen werden können, dass man einen sogenannten "Private Key" besitzt, wie Taudes sagt. Wie der Name schon sagt, ist dieser Schlüssel nur seinem Besitzer bekannt und dient dazu, den Besitz an einem Token nachzuweisen – verliert man den Schlüssel, so verliert man auch den Zugang.

Hinzu kommt, dass eben auf der Blockchain jede Transaktion unveränderbar festgehalten wird – und das wiederum ist eine Form von Transparenz, die man anderswo vergeblich sucht. "Welches andere Business publiziert schon all seine Verkäufe und Geschäftsprozesse?", sagte dazu etwa Mark Cuban, selbst Käufer von zwei Bored Apes, zu "Buzzfeed".

Diese andere Form der Transparenz könnte wiederum auch ein weiteres Problem unserer Gesellschaft lösen, wie Soona Amhaz, Partnerin des Risikokapitalgebers Volt Capital in einem Blogbeitrag schreibt: Denn wenn man nicht wisse, mit wem man Geschäfte mache, so eliminiere dies auch diverse mögliche Vorurteile in Bezug auf etwa Geschlecht oder ethnische Herkunft. Investoren könnten lernen, sich an diese neue Form der Transparenz rund um Pseudonymität auf der Blockchain gewöhnen – sie müssten laut Amhaz bloß bereit sein, sich anzupassen. (Stefan Mey, 5.2.2022)