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Der französische Präsident Emmanuel Macron und der russische Staatschef Wladimir Putin haben vor ihrem Treffen bereits dreimal miteinander telefoniert.

Foto: AP / Gerard Julien

Moskau – Im Ukraine-Konflikt reiste Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Montag zu einem Treffen mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin nach Moskau. Kurz nach seiner Ankunft in Moskau ließ Macron gegenüber anwesenden Journalisten vorsichtigen Optimismus hinsichtlich des Gesprächs mit Putin durchscheinen. Macron sagte, er sei "einigermaßen optimistisch", aber "glaube nicht an spontane Wunder".

Am Sonntag hatte Macron noch mit US-Präsident Joe Biden telefoniert. Biden und Macron hätten dabei "die anhaltenden diplomatischen Bemühungen und Abschreckungsmaßnahmen als Reaktion auf die fortgesetzte militärische Aufrüstung Russlands an den Grenzen der Ukraine" besprochen, teilten die USA mit. Sie hätten ihre Unterstützung für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine bekräftigt. Aus Frankreich hieß es, dass das Telefonat rund 40 Minuten dauerte.

Außerdem hat sich Macron vor seinem Besuch im Kreml mit Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) abgestimmt, der am Montag seinen Antrittsbesuch bei Biden absolviert. Auch dabei wird der Ukraine-Konflikt eine Rolle spielen. Es gehe um eine einheitliche Ansage an Moskau mit klar umrissenen Konsequenzen im Fall einer Aggression, hieß es.

Schallenberg: Westgrenze der Ukraine näher zu Wien als Vorarlberg

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hat am Montag gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus der Slowakei (Ivan Korčok) und Tschechien (Jan Lipavský) die umstrittene Donbass-Region in der Ostukraine besucht. "Wir haben eine massive militärische Anspannung. Ich glaube aber weiterhin, dass das Ende des diplomatischen Dialogs nicht erreicht ist." Das sagte er bei einem Lokalaugenschein an der sogenannte Kontaktlinie zwischen ukrainischen Regierungstruppen und Separatisten.

"Die Kanäle laufen auf Hochtouren", meinte Schallenberg gegenüber österreichischen Journalisten. "Die Möglichkeiten liegen auf dem Tisch, es fehlt nur der diplomatische Wille. Es wird gefährlich gezündelt, wir müssen vom Gas runter." Es bedürfe eines Verhandlungsprozesses für eine Gesamtlösung, "um aus dieser bedrückenden Lage hinauskommen".

Der gemeinsame Besuch sei ein Zeichen mitteleuropäischer Solidarität, sagte Schallenberg und erinnerte daran, dass die Westgrenze der Ukraine näher zu Wien liege als Vorarlberg. "Die Stabilität der Ukraine ist auch unsere Stabilität."

Von Charkiw aus flogen die drei Minister samt Delegationen knapp eineinhalb Stunden in betagten Helikoptern in die Oblast Luhansk. Dort machten sie sich, mit kugelsicherer Weste und Soldatenhelm bewehrt, am Checkpoint "Stanitsa Luhanska" bei einem Treffen mit Gouverneur Serhiy Haidai ein Bild von der militärischen und humanitären Lage.

Am Dienstag wird Schallenberg in Kiew mit Vertretern der Krimtataren konferieren und ein Gespräch mit seinem Amtskollegen Dmytro Kuleba führen, ehe die Außenminister mit Wolodymyr Selenskyj zusammenkommen.

Dissens bei Szenarien

In der Ukraine geben die Außenminister einander derzeit die Klinke in die Hand. Auch am Montag und Dienstag herrscht Hochbetrieb. Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock ist ab Montag ebenfalls zwei Tage in der Ukraine. Am Dienstag stößt der französische Amtskollege Jean-Yves Le Drian dazu. Er ist mit Macron unterwegs, der nach einem Besuch bei Putin auch mit Selenskyj in Kiew beraten will.

Entgegen einer ersten Ankündigung wird Außenministerin Baerbock bei ihrem Besuch in Kiew am Montag doch nicht mit dem ukrainischen Staatspräsidenten Selenskyj zusammenkommen. Stattdessen sei nun eine Begegnung mit Ministerpräsident Denys Schmyhal geplant, hieß es aus diplomatischen Kreisen. Als Grund wurden terminliche Schwierigkeiten genannt.

In den vergangenen Tagen hatte die ukrainische Führung deutlich weniger alarmierte Botschaften verbreitet als der Westen. Außenminister Kuleba forderte die Menschen am Wochenende auf, "apokalyptische Vorhersagen" zu ignorieren. Das Land sei stark, und die Situation an der Grenze deute derzeit nicht auf einen unmittelbar bevorstehenden Angriff hin. "Unterschiedliche Hauptstädte arbeiten mit unterschiedlichen Szenarien", so Kuleba.

Auch Selenskyj hatte in der Vorwoche die westlichen Warnungen teilweise zurückgewiesen, wobei sich später herausstellte, dass es sich dabei wohl auch um ein Missverständnis bei der Übersetzung des englischen Wortes "imminent" gehandelt hatte. Die USA hatten dies mit Bezug auf einen russischen Angriff in den kommenden Wochen verwendet, in Kiew war es aber als Warnung vor einer wesentlich knapper bevorstehenden Invasion angekommen. Selenskyj und seine Regierung sind auch um die ukrainische Wirtschaft und die Währung Hryvnia besorgt, die wegen der Kriegsangst in den vergangenen Wochen schon deutliche Verluste hinnehmen mussten.

Diplomatischer Reigen in Ukraine

Die Besuche gehen dennoch eilig weiter. Am Mittwoch folgt Polens Außenminister Zbigniew Rau, aktuell auch Vorsitzender der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Treffen mit Schallenberg und Kollegen sind laut dem Programm aber nicht vorgesehen.

International gibt es Sorgen, dass Russland einen Einmarsch in der Ukraine plant. Der Kreml bestreitet solche Pläne. Macron nannte in der Zeitung "Journal du Dimanche" als Ziel seines Besuchs, "Antworten auf die Notlage zu erarbeiten und in Richtung einer neuen Ordnung voranzugehen, die Europa dringend braucht und die auf dem Grundprinzip der Gleichheit und Souveränität der Staaten basiert". Dass Russland sich um seine Sicherheit kümmere, sei "legitim". (red, APA, 7.2.2022)