Eine der Illustrationen, die Kielnhofer auf Social Media teilte und die antisemitisch interpretiert wurden: seine Figur des "Wächters der Zeit" auf einem aus Spritzen geformten Davidstern.

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Wohin mit gut 30 Skulpturen, je 100 Kilogramm schwer und je 2,2 Meter hoch und breit? Darauf hat ihr Schöpfer Manfred Kielnhofer im STANDARD-Gespräch derzeit keine Antwort. Er lebe in einer Mietwohnung und habe keine Lagerkapazitäten, die er für diese Menge an den Wächtern der Zeit (Guardians of Time) bräuchte, die ihm nun diverse Städte in Deutschland und Österreich retournieren. Die Kosten für die Transporte müsse er aus seiner Tasche berappen, wie er sagt.

Ein Dominoeffekt, den der Linzer, der sich stolz als "Schwurbler und überzeugter Impfgegner" bezeichnet, selbst ausgelöst hat. Mitte Jänner waren auf seinen Social-Media-Accounts und seiner Website impfkritische Illustrationen mit eindeutig antisemitischen Codes aufgetaucht, in deren Mittelpunkt seine "Wächter"-Figuren standen: auf einem aus Spritzen geformten Davidstern sitzend oder eingebettet in eine der Israel-Flagge nachempfundenen Grafik mit eben jenem Davidstern und den Worten "Jewish GEN Toxic".

Während die "Likes" mit höchstens 14 überschaubar blieben, fiel der öffentliche Protest ungleich größer aus. Schrittweise nahm Kielnhofer die Illustrationen, die, wie er behauptet, nur teils von ihm kreiert worden seien, vom Netz.

Hacker hätten eines seiner "Anti-Impf-Postings", in dem er auf die "extrem hohe Übersterblichkeit in Israel" hinwies, manipuliert. Die "Hersteller von Impfstoffen" seien ja "oft jüdisch", der Vorwurf des Antisemitismus so trotzdem falsch, die Grafik sei "total missinterpretiert" worden.

Verschwörungstheorien und Kitschkunst

Was andere denken, sei ihm übrigens völlig egal. Einige Galeristen haben die Zusammenarbeit beendet. "Die mussten, weil sie in einem jüdischen Netzwerk drinnen sind", erklärt Kielnhofer. Dass er so viele "jüdische Leute" kenne, habe er nicht gewusst, "die haben das ja nie durchblicken lassen". Bis Herbst, so ist er überzeugt, werde sich die Lage wieder beruhigen. Dass seine Wächter-Skulpturen, die er seit Jahren auch ungefragt im öffentlichen Raum positionierte, polarisieren, ist kein Novum. Eher Kitsch als Kunst, lautete der bisherige Tenor. Als nun antisemitisch konnotierter Ramsch wurden sie vorerst aus dem öffentlichen Raum verbannt.

Wie angekündigt, hat die Stadt Steyr die 2020 für 4200 Euro angekauften drei "Wächter" mittlerweile im Depot eingelagert. Im Kulturausschuss entschied man sich einstimmig für einen Verkauf. Der Erlös soll wieder dem Kulturbudget zugeführt werden, erklärt Kulturstadträtin Katrin Auer (SPÖ). Ein paar Interessenten gebe es bereits.

Der Status in Linz? Dort hatte Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) die Nutzungsvereinbarung widerrufen und Kielnhofer aufgefordert, die Figuren von der Donaulände zu entfernen. Die dafür vorgesehene Frist lief laut Luger am 2. Februar aus. Kielnhofer bekommt nun eine neuerliche Aufforderung. Falls er dieser nicht fristgerecht Folge leistet, werden die Figuren auf seine Kosten abtransportiert. (Olga Kronsteiner, 7.2.2022)