Der schwierigste Teil bei einer Ballonfahrt ist die Landung. Die Tiroler Ache ist jedenfalls kein geeigneter Landeplatz, also weiter bis zu einer Langlaufloipe.

Foto: Stefanie Ruep

Langsam werden die Ballonhüllen am Rande des Walchsees mit Luft gefüllt und bekommen so ihre Form. Wird die Luft erhitzt, steht der Ballon auf.

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Pilot Heinz Reiter prüft noch einmal die Messdaten bevor er mit dem Heißluftballon abhebt.

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Der zugefrorene Walchsee und die Häuser am Boden werden unter dem Ballonkorb immer kleiner.

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"Rchh, rchh, rchh", faucht der Brenner, das Herz des Heißluftballons, und zündet das Propangas bei der Probe. Der Ballonstoff liegt ausgebreitet, aber noch luftleer vor dem Korb direkt am Walchsee im Kaiserwinkl im Tiroler Unterland. Pilot Heinz Reiter und einer der Mitfahrer kippen die mit vier Gasflaschen beladene Gondel auf die Korbwand. Auch Gäste müssen bei einer Ballonfahrt mitanpacken, zwei halten die schwere Ballonhülle nach oben. Nun kommt der Ventilator zum Einsatz und bläst kalte Luft in den Nylonstoff. Mit dem Brenner wird die Luft im Inneren erhitzt. Die Hülle richtet sich langsam auf, stellt den Korb auf und Reiter springt geschickt in den Korb. Nun dürfen die Fahrgäste einsteigen, um gleich darauf abzuheben.

Der 50-jährige Tiroler Pilot ist in den Abläufen routiniert. Reiter fährt schließlich seit 24 Jahren und hat bereits über 800 Flugstunden. Er ist Teil des Organisationsteams des Alpin Ballooning, das jährlich Ende Jänner rund 50 Ballonteams aus ganz Europa an den Walchsee zieht. "Unsere Veranstaltung hat sich zum größten Winterballonfestival im mitteleuropäischen Raum entwickelt", sagt der Obmann des Tourismusverbands Kaiserwinkl, Gerd Erharter. Das Ballonfestival im Kaiserwinkl hätte heuer das 20-jährige Jubiläum gefeiert. Alle geplanten Veranstaltungen und das Rahmenprogramm mussten jedoch aufgrund der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie wie auch im Vorjahr abgesagt werden. Trotzdem nutzen etwa 14 Ballonteams die guten Bedingungen im Tiroler Winter, um in die Luft zu gehen.

Weniger Gas, mehr Auftrieb

Der Jänner ist deshalb ideal, weil der benötigte Temperaturunterschied zwischen Balloninhalt und Außenluft mit wesentlich geringerem Aufwand zu erreichen ist. "Die Luft ist kälter als im Sommer. Man kommt mit weniger Gas aus, weil man mehr Auftrieb hat", erläutert Heinz Reiter. Der Boden, der zugefrorene Walchsee und die noch nicht gestarteten Ballone werden unter dem abhebenden Korb immer kleiner. Reiter heizt den Brenner noch einmal ordentlich an, und der blau-grün-weiße Ballon steigt weiter in die Höhe.

In der Luft bewegt sich das Luftschiff zuerst gen Westen Richtung Inntal. Vor der Fahrt hat Heinz Reiter die Wind- und Wetterdaten für das Tal gecheckt. "Das Wetter zu kennen ist wichtig, weil der Ballon nicht steuerbar ist", erklärt der Ballonführer. Der Ballon wird vom Wind getrieben. Eigentlich sollte mit der prognostizierten nordwestlichen Strömung die Fahrt Richtung Kössen gehen. Doch beim Start driftet das Luftschiff zunächst in die entgegengesetzte Richtung. Für die Fahrgäste ist das eher zweitrangig. Sie genießen, von der Erde entkoppelt, schwebend die Aussicht und machen Fotos von der Gebirgskette des Zahmen Kaisers.

Gästegruppe für Jännerloch

Zwischen den Weihnachts- und Semesterferien ist in vielen Tourismusregionen die ruhigste Zeit – das sogenannte Jännerloch. Vor allem Tourismusorte, die neben dem Skifahren auf alternativen Wintersport setzten, haben die Ballonfahrer als Gästegruppe entdeckt. So finden neben dem Kaiserwinkl etwa auch in Filzmoos im Salzburger Pongau, im Pinzgauer Zell am See oder in Gosau am Dachstein im Salzkammergut im Winter Ballonwochen und Wettkampffahrten statt.

Die Nacht der Ballone, ein Event, das viele Zuschauer anlockt, wurde aufgrund der steigenden Infektionszahlen heuer bei allen Ballonveranstaltungen abgesagt. Beim Ballonglühen werden die Ballone fahrfertig aufgerüstet und mit dem Brenner von innen beleuchtet, sodass er zu "glühen" beginnt und die Umgebung ausleuchtet. Neben dem Schauspiel am Boden nutzen viele Urlauber auch die günstigeren Preise für eine Mitfahrt in einem der Ballone. Eine 75-minütige Fahrt kostet rund 320 Euro pro Person, bei einem der Events sind Fahrten bereits ab 260 Euro zu haben.

Schönbrunn zu Gast beim Kaiser. Vom Ballon aus die Berge aus der Vogelperspektive betrachten und durch das Luftmeer gleiten. Der Wind navigiert.
Foto: Stefanie Ruep

Der Ballon ist mittlerweile auf 1200 Meter Höhe gestiegen, der Wind hat sich gedreht, und er fährt nun mit gemütlichen acht Stundenkilometern Richtung Osten. "Es heißt fahren und nicht fliegen", betont Heinz Reiter. Schon die Brüder Montgolfier, die Erfinder des Heißluftballons, vertraten die Vorstellung, dass der Ballon analog zu einem Schiff auf dem Luftmeer fährt. Ballone sind Gefährte, die leichter als Luft sind und den statischen Auftrieb nutzen. Fahrzeuge wie etwa Flugzeuge, die schwerer als Luft sind, fliegen hingegen, weil die Luftströmung für einen dynamischen Auftrieb sorgt.

Wärmer und windstill im Korb

In der Ballongondel herrscht totale Windstille, und es ist deutlich wärmer als am Boden. Das liegt an der Inversionswetterlage: Die oberen Luftschichten sind wärmer als die unteren. Beim Start zeigte das Messgerät noch minus neun Grad Celsius an, nun ist es bereits auf null Grad geklettert. Gleichzeitig kommt die Wärme von der Heizung von oben. Denn der Brenner, der die Luft im Ballon anheizt, wärmt zusätzlich. Neben dem Zahmen und dem Wilden Kaiser reicht die Sicht bis zu den bayrischen Voralpen mit der Kampenwand und zum Chiemsee, auf der anderen Seite ist das markante Kitzbüheler Horn zu sehen.

Unter dem Korb taucht bereits die Kirche von Kössen auf – das von Pilot Heinz Reiter angepeilte Ziel. Nun folgt der schwierigste Teil der gesamten Fahrt: die Landung. Es ist nicht einfach, einen geeigneten Landeplatz zu finden, wo genug Raum ist, um die Ballonhülle auszubreiten, und wo der Verfolger, also das Begleitauto, auch zufahren kann. Die Tiroler Ache, über welcher der Ballon gerade schwebt, ist jedenfalls nicht geeignet. Die Ballongondel gleitet weiter über Einfamilienhäuser, streift zweimal die Äste eines Baumes und sinkt direkt nach einem Dach weiter nach unten. Die Hausbewohner auf dem Balkon schauen zunächst etwas verdutzt, winken der Ballonbesatzung aber schließlich zu.

Hofratslandung auf der Loipe

Der Wind navigiert den langsam sinkenden Ballon weiter über die Straße zu einer Langlaufloipe. "Beim Aufsetzen in die Knie gehen", sagt Heinz Reiter seinen Mitfahrenden, und der Korb bleibt problemlos auf dem Schnee sitzen. "Eine Hofratslandung", sagt der Ballonfahrer: "Aufsetzen, und man steht da." Die sanfte Version, im Gegensatz zu einer Schleiflandung, bei der der Korb auch schon einmal umkippt. Nun heißt es einpacken: die Luft aus der Ballonhülle drücken, diese zusammenlegen, den Korb auf den Autoanhänger hieven. Zum Abschluss werden die Erstfahrenden noch in den Adelsstand der Luftfahrer erhoben und nach alter Ballonfahrertradition getauft. (Stefanie Ruep, 8.2.2022)