Soll eine "Gegenuntersuchung" gegen betroffene Frauen angeregt haben: Springer-Chef Matthias Döpfner.

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Berlin – Das Fehlverhalten des ehemaligen "Bild"-Chefredakteurs Julian Reichelt dürfte der Führungsebene des Axel-Springer-Konzerns länger bekannt gewesen sein als bisher angenommen. Das geht aus einem Bericht der "Financial Times" (FT) hervor. Demnach soll Springer-Chef Mathias Döpfner sogar eine "Gegenuntersuchung" angeregt haben. Diese sollte sich laut FT gegen betroffene Frauen und ihre vermeintlichen Hintermänner richten.

Wie der "Spiegel" zuerst berichtet hatte, waren schwerwiegende Vorwürfe von Frauen gegenüber Reichelt wegen Machtmissbrauchs und der Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen aufgetaucht. Nach einem Compliance-Verfahren der Kanzlei Freshfields konnte Reichelt aber vorübergehend wieder als "Bild"-Chefredakteur arbeiten.

Im Bericht der FT heißt es aber nun, dass bereits die Freshfields-Ermittler Reichelt "schwerwiegendes Fehlverhalten" im Amt attestiert hätten. Auch soll Reichelt über den Verlauf der Ermittlungen informiert worden sein, obwohl den Betroffenen Vertraulichkeit zugesichert worden war.

"Gegenuntersuchung" angeregt

Laut der FT sollen Springer-Chef Döpfner und seine Vertrauten nach dem Ende der Ermittlungen einen externen Anwalt beauftragt und eine Liste an Personen erstellt haben, gegen die sich die Ermittlungen richten sollten. Im Visier sollen unter anderem eine Ex-Freundin von Reichelt und der Autor Benjamin von Stuckrad-Barre gewesen sein.

Döpfner selbst soll in einer SMS von einer "Verschwörung" geschrieben und einen Angriff ideologischer Gegner vermutet haben. Gegenüber dem "Spiegel" hieß es nun seitens des Springer-Konzerns, dass der Artikel der "Financial Times" ein "irreführendes Bild der Compliance-Untersuchung, der daraus gezogenen Konsequenzen, des gesamten Unternehmens und seiner Führung" zeichne. (red, 9.2.2022)