Die Hotline "147 Rat auf Draht" verzeichnete 2021 dreimal so viele Beratungen zum Thema Überforderung in der Schule wie noch vor der Coronavirus-Pandemie.

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Es sei wichtig, rasch zu handeln, sagte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) im Juli. Damals versprach er 13 Millionen Euro zusätzlich für die Bewältigung psychosozialer Probleme von Kindern und Jugendlichen bis Jahresende. Bisher – immerhin ist mittlerweile bereits Februar des folgenden Jahres – ist noch immer kein einziger Cent geflossen. Ein Plan, mit dem festgelegt wird, welche Organisationen gefördert werden sollen, wurde ebenso wenig veröffentlicht.

Aus dem Gesundheitsministerium heißt es allerdings, dass ein genauer Entwurf bereits fertig sei. Unter anderem mit Expertinnen und Experten vom Berufsverband Österreichischer Psycholog:innen (BÖP) sowie dem Österreichischen Berufsverband für Psychotherapie (ÖBVP) sei schon im Dezember festgelegt worden, wie die 13 Millionen Euro verteilt werden sollen. Jetzt liege es am Finanzministerium, das Vorhaben abzusegnen, und dann könnten noch im Februar die ersten Umsetzungsschritte gesetzt werden.

Das Finanzministerium bestätigt dem STANDARD den Erhalt des Entwurfs. "Der Akt ist in Finalisierung", erklärt ein Sprecher von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Abstimmungsbedarf mit dem Gesundheitsministerium gebe es keinen mehr.

Mehr Beratungen

Gebraucht wird das Geld in jedem Fall. Die Kinder- und Jugendpsychiatrien in Österreich berichten von langen Wartelisten. Die Hotline "147 Rat auf Draht" verzeichnete 2021 dreimal so viele Beratungen zum Thema Überforderung in der Schule wie noch vor der Coronavirus-Pandemie. Auch die Anfragen zum Thema Schlafstörungen und zu Problemen in der Familie sind stark gestiegen. Die Bildungspsychologinnen und Bildungspsychologen an der Universität Wien verfolgen die psychische Gesundheit von Schülerinnen und Schülern seit Beginn der Pandemie und stellen fest, dass der Anteil derjenigen, die sich gut fühlen, stetig sinkt. Eine noch nicht veröffentlichte Studie der Donau-Uni Krems berichtet von einer mittelgradig depressiven Symptomatik bei 62 Prozent der Mädchen und bei 38 Prozent der Burschen zwischen 14 und 20 Jahren.

Grundsätzlich betont man im Büro von Gesundheitsminister Mückstein, man wolle in den niederschwelligen Bereich investieren. "Die Beratungs- und Behandlungsleistungen werden abgestimmt auf die Bedürfnisse der Kinder und Jugendliche stattfinden." Die Bandbreite werde sich dabei von klassischer Einzelberatung und Einzelbehandlung über Gruppenberatungen bis hin zu Tele- und Onlineberatungen erstrecken, kündigte eine Sprecherin bereits im Herbst des vergangenen Jahres an.

Mückstein am Zug

Das Paket mitverhandelt haben das Bildungsministerium sowie das Jugendministerium, dessen Agenden zum Jahresende zur neuen Staatssekretärin für Jugend, Claudia Plakolm (ÖVP), gewandert sind. Plakolm sieht bei sich keine Verantwortung für die Verzögerung. "Gesundheitsminister Mückstein ist am Zug, diese Gelder ausgewogen einzusetzen", sagt sie. Sie würde es begrüßen, wenn "wir breit in Prävention und niederschwellige Angebote investieren, die funktionieren".

Als Beispiel nennt Plakolm die Chatberatung von "147 Rat auf Draht". Auch Schulpsychologinnen sollten verstärkt im Klassenzimmer – auch in Berufsschulen – präsent sein: "Wir müssen das Tabu der psychischen Gesundheit brechen." (Lisa Kogelnik, 10.2.2022)