Die Juristin Theresa Kamp wirft in ihrem Gastblog einen Blick auf Gerichtsurteile, in denen Männer aufgrund der "Pillenlüge" Schadenersatz von der Frau einforderten.

In den vergangenen Wochen machte eine Geschichte aus US-Medien die Runde. Der amerikanische Musiker Drake hatte angeblich einem zuvor benützten Kondom eine scharfe Sauce beigefügt, bevor er es entsorgte – scheinbar um zu verhindern, dass der Inhalt des Kondoms für eine von ihm nicht gewollte Schwangerschaft zweckentfremdet wird. Sollte sich die Geschichte tatsächlich so zugetragen haben, waren seine Befürchtungen nicht völlig unbegründet: Laut Medienberichten soll nämlich jene Frau, mit der er das Kondom benutzt hatte, sich dieses heimlich eingeführt haben, ohne den wahren Inhalt des Verhütungsmittels zu kennen. Zu allem Überdruss soll sie dem Künstler nun auch mit einer Schmerzengeldklage drohen – weil sie sich durch den Präservativinhalt Verletzungen zugezogen habe.

Jetzt ist das zwar eine plakative und nicht verifizierte Geschichte, die überdies aufgrund des Orts des Geschehens nach US-amerikanischem Recht beurteilt werden müsste. Aber auch in Österreich gibt es Fälle, in denen sich Männer übergangen fühlen, weil Frauen zum Beispiel angeblich unrichtig über eine hormonelle Verhütung ("Pillenlüge") informiert haben.

Gegen Ersatzanspruch entschieden

In Österreich ist Kindesunterhalt grundsätzlich von der Person zu leisten, die das Kind nicht hauptsächlich betreut. Das bedeutet in vielen Fällen – da oft die Mutter die hauptbetreuende Person ist –, dass Väter Geldunterhalt für ihre Kinder leisten müssen. Die Frage ist, ob ein Vater, der Unterhalt für sein Kind zahlen muss, Ersatzansprüche gegen die Mutter hätte, wenn sie ihn zum Beispiel über die Einnahme der Pille falsch informiert hat.

Sowohl in Österreich als auch in Deutschland mussten sich die Höchstgerichte bereits mit solchen Fragen auseinandersetzen. Die Entscheidungen sind dazu allerdings schon vor langer Zeit ergangen. In Österreich entschied der Oberste Gerichtshof im Jahr 1994 gegen einen Ersatzanspruch des offenbar getäuschten Vaters (OGH 2 Ob 557/93).

Im konkreten Fall hatten sich ein Kollege und eine Kollegin im Rahmen eines betrieblichen Skiausflugs einander angenähert – und daraus ist ein Kind entstanden. Der Mann fühlte sich getäuscht: Er meinte, die Frau habe ihm gegenüber zu verstehen gegeben, sie würde verhüten, weshalb eine Schwangerschaft ausgeschlossen sei. Als Vater des schließlich geborenen Kindes musste er Kindesunterhalt leisten und begehrte von der Mutter Ersatz. Dieses Ansinnen blieb jedoch erfolglos: Das Höchstgericht entschied, dass selbst bei wissentlich unrichtiger Auskunft der Mutter über die Empfängnismöglichkeit dem Vater kein Ersatzanspruch gebührt.

Der OGH urteilte, dass es eben zum Risiko gehört, Kinder zu zeugen, wenn man mit jemandem schläft, und wies damit den Ersatzanspruch des Mannes ab.
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Kinder zeugen auf eigenes Risiko

Der OGH begründete seine Entscheidung verkürzt gesagt unter anderem damit, dass es beim Geschlechtsverkehr eben dazu kommen könne, dass Leben entsteht. Das liege im Rahmen eines natürlichen Geschehensverlaufs. Man(n) handle auf eigene Gefahr, wenn man sich hinsichtlich der Empfängnisverhütung rein auf die Auskunft der anderen Person verlässt. Auch unter dem Aspekt des Kindeswohls könne ein Ersatzanspruch des Vaters nicht zugestanden werden. Der OGH hat das Verhalten der Frau nicht als rechtswidrig gewertet.

Nun war der Sachverhalt jener OGH-Entscheidung nicht so, dass es der Frau gerade darauf angekommen wäre, schwanger zu werden, und sie den Mann deshalb bewusst und absichtlich getäuscht hatte. Es wäre denkbar, dass eine Situation wie zum Beispiel in der aktuell kolportieren Samenraub-Geschichte des US-Künstlers, wo sich jemand den Inhalt eines explizit entsorgten Präservativs heimlich eingeführt haben soll, zu einem anderen rechtlichen Ergebnis führen könnte.

Was nach wie vor Gültigkeit besitzt, ist: Es ist allgemein bekannt, dass Kinder nicht vom Storch gebracht werden. Im Wissen darüber ist eine gewisse Eigenverantwortung im sexuellen Kontext nicht abzusprechen. Es ist ratsam und zumutbar, selbst für geeignete Verhütungsmaßnahmen zu sorgen. Die reine Auskunft seitens der Frau, es werde zu keiner Schwangerschaft kommen, steht möglichen (Kindes-)Unterhaltsansprüchen nicht entgegen. (Theresa Kamp, 15.2.2022)