Harvey Weinstein und Rose McGowan, die als eine der ersten Schauspielerinnen Vorwürfe gegen den Hollywoodproduzenten erhob.

Foto: ZDF / © 2019 LT2 Film Limited

Ganz ohne die glorreiche Erfolgsgeschichte von Miramax lässt sich das Leben des Hollywoodproduzenten und später verurteilten Sexualstraftäters Harvey Weinstein nicht erzählen. "Unantastbar – Der Fall Harvey Weinstein" auf 3sat steckt also mittendrin im Dilemma, das solchen Dokus innewohnt: Bei einem auf eine Person zugeschnittenen Aufklärungs- und Einordnungsfilm fabriziert man unweigerlich eine Art Heldensaga mit, wenn auch eine negative.

Die 2019 entstandene Dokumentation setzt trotz vieler Hollywoodpartyfotos alles daran, sich diese Schlagseite vom Leib zu halten. In 90 Minuten kommen Frauen und Männer zu Wort, die entweder selber von Weinstein terrorisiert oder zu Zeugen und Mitwissenden wurden: Miramax-Angestellte aller Abteilungen und Schauspielerinnen, darunter Rosanna Arquette oder Erika Rosenbaum. Es sprechen auch Journalistinnen und Journalisten, die den seit den frühen Nullerjahren ruchbaren Fall zu recherchieren versuchten, etwa Ken Auletta, Jodi Kantor oder Ronan Farrow.

Weinsteins Zitate kommen sogar auf Tonband daher ("Willst du mich wirklich zu deinem Feind machen wegen fünf Minuten?"). Dass sich bei den Oscar-Galas der letzten vierzig Jahre mehr Menschen bei Weinstein als bei ihrem Gott bedankten, zeigt, welche Macht der Produzent aufgebaut hatte. Viele in Hollywood haben sich zu Komplizen gemacht. Conclusio? Es ist nicht das dicke Kind aus Queens, das allmählich zum bösen Buben wird, es sind die (abhängigen) Menschen rundherum, die dieses usurpatorische System mit Schweigen und Nichtzuhören ermöglichen und mittragen. Die Doku ist bis 11. März in der 3sat-Mediathek abrufbar. (Margarete Affenzeller, 10.2.2022)