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Wie viele Koalas gibt es noch? Darüber sind sich Australiens Regierung und Umweltschutzorganisationen uneinig.

Foto: AP/Martin Meissner

Dem australischen "Teddybären" geht es miserabel. Der Koala, der kein Bär ist, sondern ein Beuteltier wie das Känguru, leidet nicht nur unter der Verdrängung aus seinen traditionellen Lebensräumen in den Wäldern der Ostküste. Die Folgen der globalen Erhitzung aufgrund des Klimawandels – damit verbunden die zunehmende Gefahr katastrophaler Buschfeuer – sowie die sexuell übertragene Krankheit Clamydia haben die Koalapopulation in den letzten Jahren drastisch reduziert.

Jetzt will die nationale Regierung das Überleben dieser bekannten Tierart sichern, indem sie den Koala in den Bundesstaaten Queensland, New South Wales und im australischen Hauptstadtterritorium um Canberra als "gefährdet" einstuft. Laut Umweltministerin Sussan Ley soll die Aufstufung der Gefährdung den Tieren beim Schutz eine höhere Priorität einräumen. Laut Schätzung des staatlichen Forschungsinstituts CSIRO leben noch etwa 180.000 Koalas entlang der australischen Ostküste, so die Politikerin.

Gegenüber dem australischen Radio erklärte Ley am Freitag, die Regierung habe keine Ziele für eine Erhöhung der Koalapopulation festgelegt. Dafür wolle sie im Vorfeld zukünftiger Naturkatastrophen "widerstandsfähige" Populationen aufbauen.

Zahlenstreit

Umweltorganisationen, die seit Jahren vor dem Aussterben der Koalas warnen, begrüßten den Schritt am Freitag zwar als "notwendig", äußerten aber auch Kritik. Eine Sprecherin der Koala Foundation bezeichnete die von Ley genannte Zahl von 180.000 als "Unsinn". Landesweit werde die Population wilder Koalas noch auf 50.000 bis 80.000 geschätzt.

Die Diskrepanz zwischen den Zahlen illustriert die unterschiedlichen Ansichten zwischen der konservativen Regierung von Premierminister Scott Morrison und Umweltorganisationen über Ausmaß und Notwendigkeit für Schutzmaßnahmen. Im vergangenen Jahr kam eine Studie des Bundesstaats New South Wales zum Schluss, dass Koalas schon 2050 ausgestorben sein könnten, wenn die Vernichtung ihrer Lebensräume im bisherigen Maß weitergehe.

Vom Menschen verdrängt

Während der katastrophalen Feuer zur Jahreswende 2019/2020 kamen mindestens 5.000 Koalas in den Flammen um. Hunderte weitere verhungerten später, weil sie in der ausgebrannten Landschaft keine Nahrung mehr fanden. Eine mindestens so große Bedrohung ist die Verdrängung durch den Menschen: Rodungen tragen maßgeblich zur Zerstörung der Koala-Habitate bei, wenn Wälder neuen Wohnsiedlungen, Straßen und Minen weichen müssen.

Der Sprecher des WWF in Australien, Stuart Blanch, mahnte deshalb am Freitag, die Aufwertung des Gefährdungsstatus werde das drohende Aussterben dieser Tiere nicht aufhalten, "außer es gibt zusätzlich strengere Gesetze für Landbesitzer, um Waldgebiete zu schützen". Das Umweltministerium hat laut der Australian Conservation Foundation in den letzten zehn Jahren die Abholzung von Koala-Lebensräumen in der Größe von über 25.000 Hektar bewilligt. (Urs Wälterlin aus Canberra, 11.2.2022)