Unwetter mit Hagelschlag nehmen im Zuge des Klimawandels zu – und verursachen regelmäßig große Schäden.

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Viele Branchen wurden in den vergangenen Jahren vor große Herausforderungen gestellt. Auch Versicherungen bleiben davon nicht verschont. Einerseits wird die Branche von Insurtechs unter Druck gesetzt, zudem kommen auch Versicherer an neuen Technologien nicht mehr vorbei. Mit KI-Tools (künstliche Intelligenz) etwa wird die Schadensmeldung für kleinere Sachschäden zunehmend automatisiert, damit betroffene Kunden rascher zu ihrem Geld kommen. Doch Versicherungen selbst stehen auch vor neuen Herausforderungen, wie eine Studie des Unternehmensberaters PwC zeigt.

In der Studie "Insurance Banana Skins" wurde ergründet, welche Risiken, Sorgen und Stolpersteine die heimische Versicherungsbranche in naher Zukunft sieht. Die Analyse wird gemeinsam mit dem Centre for the Study of Financial Innovation (CSFI) seit 2007 im Zweijahresrhythmus durchgeführt. Sie basiert auf den Einschätzungen von mehr als 600 befragten Versicherungsexperten aus 47 Ländern, darunter 26 Teilnehmer aus Österreich.

Fünf große Themen lassen sich für die Branche aus diesen Einschätzungen ableiten.

1. Regulierung

Die Hauptsorge der österreichischen Versicherer ist demnach die zunehmende Regulierung in Europa. Dieses Risiko wurde bereits in der vergangenen Umfrage 2019 als größte Belastung in der heimischen Branche wahrgenommen. Mit zunehmender Regulierung steige der bürokratische Aufwand, und damit werden neue Vorgaben für die Häuser zu einer Kostenbelastung. Das erschwere gerade für kleine Marktteilnehmer die Geschäftsbedingungen, heißt es im PwC-Report. Dieses Risiko wird von den heimischen Assekuranzen damit höher eingestuft als von internationalen Kollegen, die zunehmende Regulierung auf den zweiten Platz gehievt haben.

2. Niedrige Zinssätze

Das andauernde Niedrigzinsumfeld ist für österreichische Versicherungen das zweitgrößte Risiko (weltweit: Platz fünf). Aufgrund der gegenwärtigen Niedrigzinslage und der gleichzeitig steigenden Kosten durch Regulation befürchten österreichische Branchenteilnehmer zunehmend ein Risiko des Rentabilitätsverlustes. Ohne Risiko ist es fast unmöglich geworden, Rendite zu erwirtschaften. Das ist auch der Grund, warum einige Produkte – etwa Lebensversicherungen – durch die sukzessive Streichung des Garantiezinssatzes zunehmend unattraktiv geworden sind.

3. Klimawandel

Überschwemmungen, Hagel, Waldbrände und Hitzewellen wirken sich für Versicherer bereits jetzt spürbar aus. Der Klimawandel wird im Vergleich zu 2019 durch die Zunahme von Katastrophenereignissen als unmittelbarer Risikofaktor gesehen und liegt in Österreich auf Platz drei (weltweit: Platz vier) der Risiken. Der vergangene Sommer war diesbezüglich für die Versicherer bereits eine Herausforderung. Tausende Schäden wurden aus dem Titel der Unwetterkatastrophen an die Versicherer gemeldet.

Allein bei der Uniqa sind an einem Unwetterwochenende im Sommer 2021 rund 19.000 Schäden eingemeldet worden. "Die Schadensbilanz der Wiener Städtischen Versicherung im vergangenen Jahr ist die höchste in unserer Unternehmensgeschichte und zeigt, dass der Klimawandel längst bei uns angekommen ist", sagt Wiener-Städtische-Generaldirektor Ralph Müller. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnete die Städtische eine Verdreifachung der Schadenssumme. "Die Hagelunwetter im Juni waren überhaupt das teuerste Ereignis in den vergangenen 20 Jahren", sagt Müller. Von den Unwettern im Vorjahr war Oberösterreich mit mehr als 42 Millionen Euro durch 9500 Schäden am stärksten betroffen. Dahinter folgt Niederösterreich mit mehr als 10.000 Schäden und einem Volumen von rund 35 Millionen Euro, gefolgt von Salzburg mit 18 Millionen Euro bei rund 4400 Schäden und der Steiermark mit mehr als 5600 Fällen, die Schäden von rund 13 Millionen Euro verursacht haben.

4. Anlageperformance

Weit über dem internationalen Durchschnitt (weltweit: Platz neun) teilen die österreichischen Versicherer Bedenken zur Anlageperformance. Daher stellen sie zunehmend Portfolios mit geringem Risiko auf, um sich vor Marktveränderungen besser zu schützen.

5. Cyberkriminalität

Die Angst vor Cyberkriminalität ist im Vergleich zu vorherigen Umfragewerten in Österreich konstant geblieben. Aufgrund der Menge an relevanten Daten ist die Versicherungsbranche ein verlockendes Ziel für Cyberangriffe. Damit bereitet Cyberkriminalität besonders internationalen Versicherungshäusern die größten Sorgen – weltweit liegt dieses Risiko daher auf Platz eins.

Durch neue Technologien, Cloud-Computing und digitale Angebote werden Versicherungsunternehmen zunehmend zur Zielscheibe von Hackerangriffen. Die Auswirkungen sind ebenso schwerwiegend wie vielfältig und reichen von Betriebsunterbrechung, Datenverlust und Ausfällen von Rückversicherern bis hin zum Reputationsverlust. Gleichzeitig ist auch die Relevanz von Versicherungspolizzen zu Cyberangriffen und insbesondere Ransomware gestiegen.

Corona hinterlässt Spuren

"Die Corona-Pandemie hat im Jahr 2021 auch in der heimischen Versicherungsbranche Spuren hinterlassen", sagt Thomas Windhager, Insurance-Leader bei PwC Österreich. Durch Geschäftsausfälle sowie Betriebsunterbrechungs- und Notfallpolizzen mussten hohe Schadenssummen ausbezahlt werden. Doch trotz aller Herausforderungen hinsichtlich der Marktbedingungen, des Klimawandels und der Digitalisierung sei die Grundstimmung im Sektor laut Windhager überwiegend optimistisch. "Im internationalen Vergleich zeigt sich Österreich sogar weniger besorgt und vertraut in die Fähigkeiten der Branche, kommende Veränderungen und Herausforderungen zu bewältigen", fasst Windhager zusammen.

Die größten Unterschiede der internationalen Ergebnisse im Vergleich zu Österreich liegen laut der PwC-Studie in den Bereichen Kreditrisiko, institutionelle Fragen des Geschäftsverhaltens und Corporate Governance. Die österreichischen Versicherer sind zudem vergleichsweise weniger besorgt um ihr Reputationsrisiko sowie um die globale Makroökonomie, die in Österreich nur an sechzehnter Stelle steht, weltweit aber als Sorge Platz zehn belegt. (Bettina Pfluger, 12.2.2022)