Simulierter Sexakt in teilweise grotesken Settings ist der neue Trend auf Tiktok.

Foto: ERNESTO GUZMAN JR/EPA

Dass absurde Ideen und Trends sich auf Tiktok wie ein Lauffeuer verbreiten, ist nichts Neues. Aktuell grassieren viele Videos, in denen zumeist Frauen simulieren, dass sie gerade Sex haben. In den Clips sind die Darstellerinnen meistens angezogen und bewegen sich im Takt des imaginären Sexakts. Manche filmen sich so, als ob sich der Partner oder die Partnerin außerhalb der Kamera befindet und die Akteurin quasi von außerhalb des Bildes stimuliert. Akustisch ist das Ganze ebenfalls eindeutig in Szene gesetzt.

Bei den Clips mit dem simulierten Geschlechtsakt handelt es sich in der Regel um Livestreams, die auch vielen Personen angezeigt werden, die dem entsprechenden Account gar nicht folgen. Angesichts dessen, dass 25 Prozent der Tiktok-Userschaft zwischen zehn und 19 Jahre alt ist, bekommen folglich auch viele Minderjährige die anstößigen Videoclips angezeigt. Nicht nur Eltern, sondern auch andere erwachsene User machen auf Tiktok, aber auch auf Twitter ihrem Ärger Luft, dass die Plattform die Streams so prominent in den eigenen Feed spült.

Sexuelle Inhalte auf Tiktok eigentlich verboten

Eigentlich sind anstößige Inhalte inklusive sexueller Aktivitäten laut Tiktoks Nutzungsbedingungen Tabu. Spezifisch wird darin auch festgelegt, dass das Imitieren, Vortäuschen und Darstellen sexueller Handlungen verboten ist. Für Empörung sorgt zudem, dass die Livestreams im Menüpunkt "Für dich" vorgeschlagen werden, der eigentlich auf dem Nutzerverhalten basieren soll. Verantwortlich dafür ist aber wohl weniger, dass Zehnjährige oder andere User den ganzen Tag damit verbringen, nach Sex zu suchen, sondern weil der Algorithmus populäre Beiträge bevorzugt.

Wie bei allen Trends dürfte folglich auch der simulierte Sex-Akt ein Selbstläufer sein, dessen Inhalte vom automatisierten Algorithmus nicht richtig gelesen werden können. Derartige Clips und Livestreams werden nach einer entsprechenden Anzahl an Meldungen zwar entfernt und deren Urheberinnen gesperrt. Um die Inhalte mittels App melden zu können, muss man sie aber zunächst anklicken und zumindest teilweise ansehen, merken Kritikerinnen an.

Während manche Userinnen den Trend nutzen, um monetäre Belohnungen zu erzielen, sind manche auf den Zug aufgesprungen und setzen auf humoristische Inszenierungen. Sie filmen sich völlig unbeteiligt etwa beim Lesen eines Buches, während der imaginäre Partner abseits der Kamera während des Sex-Aktes das halbe Zimmer verwüstet. Auch wenn diese Streams eine grotesk-witzige Komponente haben, dürften Eltern dennoch nicht glücklich über diese Inhalte sein.

Livestreams als Problem für Plattformen

Tiktok ist nicht die erste Plattform, für die Livestreams eine große Herausforderung bedeuten. In der Vergangenheit war etwa Facebook unter heftige Kritik geraten, weil Terror-Angriffe, wie auf zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch im Jahr 2019, live auf der Plattform übertragen worden war. Auch andere Straftaten bis hin zu Morden wurden immer wieder auf Facebook übertragen. Das soziale Netzwerk hat die Regeln dafür mittlerweile verschärft und greift bei Meldungen auch schneller ein. (step, 12.2.2022)