"Whiteness as Property" im Künstlerhaus Wien. Hier ein Still aus dem Single-Channel-Video "Čistač / The Cleaner" der bosnischen Künstlerin Danica Dakić, 2019.

VG Bild-Kunst Bonn

Wien – Der Titel ist missverständlicher, als er sein müsste. Denn das Weiß in Whiteness As Property meint hier – trotz dauernder Verweise auf Rassismus im Ausstellungskatalog – nicht unbedingt Hautfarbe. Es geht vielmehr um Besitzverhältnisse und Strukturen. Und an ihnen können sowohl Stickerinnen wie auch Stahlarbeiter in Zentraleuropa zugrunde gehen.

Manche Weiße würden an Whiteness sterben, so heißt es einmal im Katalog. In der Gruppenausstellung im Künstlerhaus wird das im Video von Danica Dakić mehr als deutlich. Man sieht graue Wohntürme in der bosnischen Industriestadt Zenica, während ein Bewohner zum Puls einer Dialysemaschine davon erzählt, dass schon viele gute Leute an dem Phosphor und dem Schmutz in der Luft gestorben seien.

Auch die Berlinerin Peggy Buth dokumentiert einen Überlebenskampf in der Alten Welt – rund sechs Jahre lang versuchten Arbeiterinnen und Arbeiter in Duisburg die Schließung ihrer Kruppwerke zu verhindern, letztlich erfolglos.

Whiteness wird so zu einer Chiffre, die alle und jeden das Leben kosten kann. Die globalen Besitzverhältnisse wurden durch sie gründlich vergiftet. Vielleicht hätte man früher schlicht von "Kapitalismus" gesprochen. Als inhaltliche Klammer funktioniert der Begriff genauso gut. Damit würden sich etwa die Megayachten leicht einsortieren lassen, die von Angela Olga Anderson auf großen Tafeln aufgelistet und kartografiert wurden.

Historische Verantwortung

Diese Yachten tragen einfache Namen wie Titan, Siren oder Predator, sie sind teils über hundert Meter lang, und im Sommer kreuzen sie gerne entlang der dalmatinischen Adria. Denn dort lässt sich öffentlicher Grund besonders leicht privatisieren, um ungestört vor Anker gehen zu können. Auch zwei künstlerische Arbeiten über mazedonisches Textilhandwerk oder über älteren Frauen in Moskau, die sonntags einkaufen gehen und für die Familie arbeiten müssen, lassen sich als Kritik daran verstehen, wie Lohn und Eigentum heute verteilt sind.

Um es klar zu sagen, diese Ausstellung ist sehr sehenswert. Ihr Titel mag auf einen gleichnamigen Text der Juristin Cheryl I. Harris von 1993 zurückgehen. Dort ist vor allem die Rede von Sklaverei und weißen Rechtspersönlichkeiten. Während dieser spezifische US-Kontext hier in den Hintergrund tritt, beschäftigen sich drei Arbeiten im Künstlerhaus mit dem kolonialen Zuckerhandel und eine andere mit der Apartheid in Südafrika – alle gezeigten Positionen sind dennoch subtil miteinander verwoben.

Am Ende geht es um Umverteilung. Und dafür gibt es nicht nur hundert Gründe, sondern auch eine soziale, historische und ästhetische Verantwortung. (Stefan Niederwieser, 15.2.2022)