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Auf der Landkarte ist Russland ob seiner geografischen Ausbreitung ein Gigant. Mit dem Aufmarsch an der ukrainischen Grenze demonstriert Moskau soeben, dass es auch militärisch eine Großmacht ist. Doch wirtschaftlich betrachtet ist die Situation eine ganz andere. Russland ist vielleicht kein Gartenzwerg, aber für die Weltwirtschaft ist das Land von überschaubarer Bedeutung.

Während auf die EU-Länder 16 Prozent der kaufkraftbereinigten globalen Wirtschaftsleistung entfallen, ist es im Falle von Russland gerade etwas mehr als drei Prozent. Dazu kommt, dass sich Russland seit der Annexion der Krim wirtschaftlich vom Westen weiter entkoppelt hat: Auf die Sanktionen der EU und der USA ab 2014 reagierte Russland mit eigenen Importverboten für Agrargüter. Heute gehen gerade 4,8 Prozent der Exporte aus der EU nach Russland, im Falle Österreichs ist der Prozentanteil sogar noch niedriger. Sind schon die wirtschaftlichen Abhängigkeiten abgesehen vom Gassektor mit Russland gering, sind sie im Falle der Ukraine noch weniger ausgeprägt. Auf Russland und die Ukraine zusammen entfallen zwei Prozent der jährlichen österreichischen Exporte.

Auch für österreichische Unternehmen spielen beide Länder im Vergleich mit anderen europäischen Staaten nur eine untergeordnete Rolle. Ein Beispiel: Österreichs Auslandsinvestitionen in der Ukraine belaufen sich laut einer Aufstellung des Osteuropainstituts Wiiw auf 1,3 Milliarden Euro. In Ungarn sind heimische Unternehmen mit rund zehn Milliarden investiert, in Tschechien mit mehr als acht Milliarden.

Das heißt natürlich nicht, dass nicht an einigen Stellen Abhängigkeiten bestehen, die Sanktionen infolge eines militärischen Konflikts schmerzhaft machen würden. Da sind einmal die russischen Gaslieferungen, die Europa und Österreich braucht. Dann gibt es doch Investoren, für die viel auf dem Spiel steht. So gibt es in der Westukraine einige Werke heimischer Unternehmen. Der oberösterreichische Ski Hersteller Fischer Sports betreibt bei Mukatschewo ein Werk mit mehreren Hundert Mitarbeitern, Andritz ist mit einer Niederlassung vor Ort.

Die Cashcow

Wirklich bedeutend sind aber die Ukraine und Russland aus österreichischer Sicht vor allem für den Finanzsektor, genauer genommen für Raiffeisen Bank International (RBI). Raiffeisen Russland hat rund vier Millionen Kunden, die Bank in der Ukraine rund drei Millionen Kunden, das Kreditvolumen in Russland lag im Vorjahr bei elf Milliarden Euro, das entspricht rund elf Prozent der Kreditausleihungen der gesamten in Zentral- und Osteuropa tätigen Gruppe. In der Ukraine betrug das Kreditvolumen 2,2 Milliarden Euro. Das Eigenkapital der russischen Tochter lag 2021 bei 2,4 Milliarden Euro (18 Prozent des gesamten RBI-Eigenkapitals). Russland ist eine Cashcow für die RBI.

Wie sich die Bank für einen Ernstfall, also einen Krieg in der Ukraine, vorbereitet, dazu will sie sich nicht äußern: Entsprechende Krisenpläne seien ausgearbeitet worden. (András Szigetvari, 15.2.2022)