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Querdenker aus dem Silicon Valley: Peter Thiel unterstützte 2016 (Bild) Donald Trumps Kampagne. Jetzt spendet er weitere Millionen.

Foto: AP / Carolyn Kaster

Als sich Peter Thiel 2016 für Donald Trump ins Zeug legte, gefiel er sich in der Rolle des Querdenkers, der mit unverhohlener Freude an der Provokation gegen den Strom im Silicon Valley schwimmt. Dort hatte es der 1967 in Frankfurt am Main geborene Unternehmer zum Milliardär gebracht.

Zwar dachte man dort längst nicht so idealistisch progressiv, wie man den Rest der Welt gern glauben lässt. Etliche der so gefeierten wie verklärten Hightech-Visionäre waren in Wahrheit eher Libertäre, der Maxime folgend, dass staatliches Handeln privater Initiative nicht in die Quere kommen und schon gar nicht privaten Gewinn schmälern dürfe. Doch in der Einwanderungspolitik stand das "Tal der Zukunft" für weit geöffnete Tore, während Trump den Mauerbau predigte.

Dort zählte Expertise, während der rhetorische Raufbold aus New York, vermeintlich im Namen der kleinen Leute, Zweifel am Wissen von Experten säte.

Gegen den Strich bürsten

Kurzum: Dass Thiel dem Kandidaten Trump hohe Summen aufs Kampagnenkonto überwies und sogar auf dem Parteitag der Republikaner für ihn warb, das war damals zumindest auf den ersten Blick so etwas wie das ultimative Bürsten gegen den Silicon-Valley-Strich.

Vier Jahre später drehte er den Spendenhahn zu. Das Duell seines Favoriten mit dem Herausforderer Joe Biden saß er praktisch aus – allerdings nur, um nun umso stärker in die Rolle eines Mäzens der Politik zu drängen: Mit Blick auf die Kongresswahlen im November hat Thiel bereits mehr als 20 Millionen Dollar gespendet – mehr als jeder andere.

Die Bewerber, die er unterstützt, haben eines gemein: Sie sind Populisten, die sich in der Rolle radikaler Erneuerer im Kampf gegen ein verkrustetes Establishment inszenieren. Da ist Blake Masters, ein Start-up-Investor, der in Thiel eine Art Mentor sieht. Er hofft, eine Senatswahl in Arizona zu gewinnen. Und J. D. Vance, Senator-Kandidat für Ohio, machte sich einen Namen als Erklärer des Trump-Phänomens. Geboren in den Bergen Kentuckys, schilderte er in seinem Memoirenband Hillbilly Elegy das Leben der oft als Hinterwäldler Verspotteten. Es ist das Leben von Leuten, die mit großer Mehrheit Trump wählten. Für jeden, der ihre Motive verstehen will, eine Pflichtlektüre. Was dabei untergeht: Auch Vance ist ein millionenschwerer Risikokapitalgeber.

Arbeitgeber von Altkanzler Kurz

Thiel – er machte in Österreich erst vor wenigen Wochen Schlagzeilen als neuer Arbeitgeber von Altkanzler Sebastian Kurz – greift nicht nur Vance und Masters unter die Arme: Er hilft auch, die Kampagnenkasse von Harriet Hageman zu füllen, einer Konservativen, die der Amtsinhaberin Liz Cheney das Mandat im Repräsentantenhaus streitig machen will. Die republikanischen Abgeordneten, die wie Cheney für die Amtsenthebung Trumps stimmten, soll er als "verräterische zehn" bezeichnet haben, die durch Trump-Loyalisten zu ersetzen seien.

Wie aus dem kreativen Freigeist ein Geldgeber der populistischen Rechten mit ihren autoritären Neigungen werden konnte, darauf versucht Max Chafkin in der Biografie The Contrarian Antworten zu geben: Auch wenn er nie den Ruhm eines Jeff Bezos, Elon Musk oder Mark Zuckerberg erreicht habe, habe Thiel die Kultur der Hightechbranche entscheidend mitbestimmt. Er sei das wahre Idol des Silicon Valley gewesen. Gerade weil er rigorosen Widerspruchsgeist verkörpere.

Ein Vermögen scheffelte er durch den Verkauf des Bezahldiensts Paypal. Später war er der erste Investor von Rang, der einem Studienabbrecher namens Zuckerberg Geld für dessen soziales Netzwerk lieh. Damit sicherte er sich sieben Prozent der Facebook-Anteile – und einen Sitz im Aufsichtsrat, den er vor kurzem aufgegeben hat. Eine Spürnase, die Chancen früher erkannte als andere.

Charme des Monopols

Erklärte Thiel indes seine politische Philosophie, war der Weg zum Extremen nie weit. "Ich glaube nicht mehr, dass Freiheit und Demokratie kompatibel sind", schrieb er 2009. Und 2014 beschwor er in seinem Buch Zero to One den Charme des Monopols. "Wettbewerb bedeutet Gewinn für keinen, dafür einen ständigen Kampf ums Überleben." Nichtmonopolisten seien derart fixiert auf die Profitmargen der Gegenwart, dass sie für die Zukunft gar nicht mehr planen könnten.

Von Biograf Chafkin befragt, ob wörtlich zu nehmen sei, was er verbreite, oder ob es nur Gedankenexperimente eines Querdenkers seien, sagte Thiel: Er lasse bewusst Zweideutigkeit zu. Im Unterschied zu anderen Hightech-Koryphäen stamme er aus der Welt der Hedgefonds. Er sei also keiner, der am Spieltisch alles auf eine Farbe setze, entweder auf Schwarz oder Rot. (Frank Herrmann, 16.2.2022)