Bild nicht mehr verfügbar.

Weil Deutschlands Kanzler Olaf Scholz (rechts) so wie zuvor schon der französische Präsident Emmanuel Macron den russischen PCR-Test verweigerte, durfte er Wladimir Putin nur mit großem Abstand gegenübersitzen.

Foto: Kremlin Pool Photo via AP / Mikhail Klimentyev

Bild nicht mehr verfügbar.

Die Panzer rollen nach Osten. Wann und wo das vom russischen Verteidigungsministerium am Dienstag veröffentlichte Bild aufgenommen wurde, ist nicht bekannt.

Foto: REUTERS/RUSSIAN DEFENCE MINISTRY

Ein Händeschütteln wie am Vortag mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj war am Dienstag für Olaf Scholz nicht drin. Russlands Präsident Wladimir Putin hielt den deutschen Bundeskanzler, nachdem dieser bei der Landung einen russischen PCR-Test abgelehnt hatte, wie alle westlichen Gesprächspartner auf Abstand.

Trotzdem stand die Visite des Bundeskanzlers unter anderen Vorzeichen als die anderer westlicher Vermittler wie Emmanuel Macron, der erst vor wenigen Tagen nach Moskau gereist war, freilich aber ohne greifbare Resultate zurückkehrte. Just zu Scholz’ Besuch hat der Kreml nun die Entspannung eingeleitet.

Kreml entspannt vorsichtig

Bereits am Montag, als der deutsche Bundeskanzler noch in Kiew weilte, gab es erste Signale: Außenminister Sergej Lawrow sprach von einer "Chance", die Krise diplomatisch zu lösen. Die Verhandlungsmöglichkeiten seien "längst noch nicht ausgeschöpft", er würde vorschlagen, die Gespräche "fortzusetzen und auszubauen", gab der 72-jährige russische Chefdiplomat bei einem Treffen mit Wladimir Putin zu Protokoll.

Lawrows Kabinettskollege Sergej Schoigu erklärte derweil, dass einige der russischen Truppenmanöver in Kürze abgeschlossen seien. Am Dienstag folgte der nächste Schritt: Das Verteidigungsministerium gab die Rückverlegung der ersten der nahe der ukrainischen Grenze gelegenen Einheiten in ihre Garnisonen bekannt.

"Die Einheiten der Wehrkreise Süd und West, die ihre Aufgaben erfüllt haben, sind schon zur Verladung auf den Eisenbahn- und Straßenverkehr übergegangen und beginnen heute mit der Abfahrt in ihre Garnisonen", teilte der Sprecher des Ministeriums, Generalmajor Igor Konaschenkow, mit.

Freude an der Moskauer Börse

Darüber hinaus haben Minsk und Moskau zum letzten Teil der in Belarus stattfindenden gemeinsamen Militärmanöver ausländische Diplomaten und Journalisten eingeladen. Auch das ist ein deutlicher Schritt zur Entspannung.

Die Börse in Moskau reagierte dar auf mit einem Freudensprung, die Papiere aller großen Staatsunternehmen sind im Plus. Auch der Rubel konnte sich deutlich erholen und gewann gegenüber den Leitwährungen Dollar und Euro an Boden.

Scholz registrierte den Schritt mit vorsichtigem Optimismus: "Dass einzelne Truppen abgezogen werden, ist ein gutes Zeichen. Ich hoffe, dass noch weitere folgen", sagte der Kanzler bei der den gut drei stündigen Verhandlungen folgenden Pressekonferenz. Deeskalation sei dringend geboten, wiederholte er seine zentrale These der Ukraine-Russland-Reise.

Die Rücknahme der eigenen Truppen aus dem grenznahen Bereich bedeutet aber nicht, dass Russland seine Forderungen nach Sicherheitsgarantien aufgegeben hat. Das machte Putin noch einmal deutlich. Gefragt, ob der begonnene Truppenabzug weitergehen werde, antwortete der Kreml-Chef: "Russland handelt nach Plan", wie es weitergehe, hänge dann auch von der entstehenden Lage und den Verhandlungsergebnissen ab.

Beharren auf Gesamtpaket

Die bisher erhaltene Antwort "entspricht nicht den russischen Bedürfnissen". Russland sei bereit, über die angebotenen Fragen der europäischen Sicherheit, Raketenstationierung und Transparenz zu sprechen, aber nur im Gesamtpaket mit den wichtigsten Forderungen.

Dazu zählt laut dem Kreml-Chef immer noch das Verbot eines Nato-Beitritts der Ukraine. Ein Moratorium sei keine Lösung, so der russische Präsident. "Was ändert das für uns, wenn die Ukraine nicht morgen, sondern übermorgen beitritt?", fragte er. Russland wolle sich jetzt dagegen absichern, sonst sei es zu spät für die Sicherheit des Landes.

Scholz nannte vor allem das Versprechen des ukrainischen Präsidenten, bis zur nächsten Sitzung der trilateralen Kontaktgruppe die Gesetzesvorhaben zum Statut des Donbass, zu den Wahlen und zur Verfassungsfrage vorzulegen, einen wichtigen Fortschritt im Minsker Prozess.

Mahnende Worte

Dies müsse der Ausgangspunkt für eine friedliche Lösung im Ukraine-Konflikt sein, mahnte der deutsche Kanzler. Auf der anderen Seite hätte eine weitere Eskalation der Krise "schwere politische und wirtschaftliche Folgen, das haben alle verstanden".

Eine dieser Folgen könnte der Verzicht auf Nord Stream 2 sein. Putin rührte zwar noch einmal die Trommel für das seit Herbst fertige "rein kommerzielle" Projekt, das die Energiesicherheit Europas gewährleiste, doch Scholz deutete zumindest an, dass die Inbetriebnahme infrage steht. Man habe sich verpflichtet, den Transit durch die Ukraine und Belarus zu gewährleisten. Das müsse so bleiben, sonst gebe es Konsequenzen, sagte er. Bei einem Kriegsausbruch würde dieser Transit sicher nicht garantiert werden können. (André Ballin aus Moskau, 15.2.2022)